Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

778 Greßbritannien. (Juni 16. 18.) 
jahr, es werde bald eine neue Debatte über die bereitzustellenden Mittel 
notwendig sein; dann würde ein vollständiger Ueberblick über die Staats- 
ausgaben und -einnahmen des Finanzjahres gegeben und die Finanzpolitik 
ausführlich erörtert werden. — Collins (lib.) fragt, wann die Regierung 
die vom Schatzkanzler angekündigte revidierte Finanzvorlage einbringen 
werde. Viele glaubten angesichts des künstlichen Zustandes der Prosperität, 
die durch Staatsausgaben und Regierungskontrakte entstanden sei, daß diese 
Prosperität sofort der Besteuerung unterworfen werden müsse. Redner 
fragt, ob der Schatzkanzler mit der allgemeinen Finanzlage völlig zufrieden 
sei. — Mac Kenna erwidert: Es ist klar, daß die unter der vorliegenden 
Vorlage aufgebrachten Einnahmen nicht ausreichen, um die Ausgaben zu 
decken, und daß andere Mittel außergewöhnlicher Art ergriffen werden müssen. 
Wir übernehmen zweifellos finanzielle Verantwortlichkeiten, die nahezu über 
unsere Kräfte gehen. 
Der Ergänzungskredit von 250 Millionen Pfund wird hierauf end- 
gültig bewilligt. 
16. Juni. (Unterhaus.) Debatte über das Flugwesen. 
Johnson Hicks (Unionist) erklärt, eine größere Anzahl Flieger und 
Flugzeuge seien notwendig zur Verteidigung gegen Luftangriffe. Die 
Regierung solle dem Volke genau sagen, was sie bei Zeppelinangriffen zu 
erwarten hätte. Die Luftschiffe könnten nur durch ganze Schwärme Flug- 
zeuge abgewehrt werden. Der Redner fordert eine Erklärung des Ministers 
für Kriegsbedarf, daß er die Bedeutung der Bereitstellung einer viel größeren 
Zahl von Flugzeugen erkenne. Statt der Angriffe auf Cuxhaven im Ver- 
lauf des Krieges hätte jede Woche ein Luftangriff auf deutsches Gebiet 
stattfinden müssen. Bei einer ausreichenderen Zahl von Flugzeugen wäre 
es möglich, jede Woche eine andere deutsche Stadt anzugreifen. Wenn 
England wöchentlich einen Angriff mit 50 bis 100 Flugzeugen ausführen 
könnte, würde man den Deutschen klar machen, was der Krieg bedeute. 
Der Redner empfiehlt den Bau größerer Flugzeuge, entsprechend dem russt- 
schen Sikorskytyp, die vier bis fünf Bomben von starker Explosionskraft 
tragen und in drei Monaten hergestellt werden könnten. Der Flugdienst 
litte auch unter dem Mangel an starken Sprengbomben. Der Parlamenis- 
sekretär Tennant erwidert, es sei leicht zu sagen, daß England mehr 
Flieger und Flugzeuge brauche. Eine solche Kritik könne auf jeden Zweig des 
militärischen Dienstes angewandt werden. Der Luftdienst stehe in sehr gutem 
Verhältnis zur übrigen Armee. Seit dem Beginn des Krieges hat sich die 
Zahl der Flugosfiziere um das Zehnfache vermehrt. Ein Mangel an Bomben 
mit einer hohen Sprengkraft bestehe jedenfalls seit Februar nicht mehr. 
Eine größere Flugzeugtype befinde sich im Bau. England habe jetzt elf 
Fliegerschulen. 
18. Juni. (Unterhaus.) über amerikanische Munitionsliefe- 
rung, Internierung von Ausländern, Ernte in Indien. 
Lloyd George sagt, die amerikanischen Munitionslieferungen 
würden durch die Firma Morgan in New Vork beschafft, die kanadischen Liefe- 
Grungen durch eine Organisation kanadischer Fabrikanten. Runciman erklärt, 
die Regierung werbe in Amerika gelernte Arbeiter für die Herstellung von 
Munition an, dagegen sei es nicht notwendig, eine Abordnung nach den 
Vereinigten Staaten zu entsenden, da diese dort vielleicht unwillkommen 
wäre. Der Mangel an Mechanikern und Technikern in England sei in 
Amerika bekannt. — Der Staatssekretär des Innern, Simon, sagt, die 
Internierung der feindlichen Ausländer gehe nur langsam fort wegen
	        
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