Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

798 Grsßbritannien. (Juli 28.) 
Wetter tangt und im stürmischen Wetter ausgeschaltet werden muß. Das 
Parlament kann die Achtung und das Vertrauen des Landes nicht besitzen, 
wenn es in einer solchen Krise für lange Zeit ausgeschaltet wird. Man 
kann für die nächsten sieben Wochen mit Sicherheit prophezeien, daß Er- 
eignisse von entscheidendster Bedeutung, die die Welt je erlebt hat, ein- 
treten werden. Wenn dann das Parlament plötzlich einberufen wird, so ist 
dies der beste Weg, eine Panik im ganzen Lande zu erzeugen. 
Hodge sagte, die Arbeiterpartei werde nur deswegen nicht für den 
Antrag Dalziels stimmen, damit es nicht so aussehe, als ob die Regierung 
den Befehlen der Northceliffepresse gefolgt sei. 
Abg. Amery (kons.): Unsere Verbündeten wundern sich über unsere 
Langsamkeit, während die freundlichen Neutralen fragen, warum wir so 
wenig in Frankreich erreichen, wenn wir wirklich so große Armeen haben, 
warum wir nicht so viel Munition machen können wie die Deutschen, wenn 
wir wirklich die größten Industrien der Welt haben, und warum wir 
Streik haben. Es ist hohe Zeit, daß England auch daran denkt, daß es 
verlieren kann. Unter den Neutralen gibt es eine große Menge Personen 
und sogar Regierungen, die zur Ueberzeugung gekommen sind, daß wir 
nicht gewinnen können. 
Nachdem mehrere Unionisten und Liberale gegen lange Ferien ge- 
sprochen hatten, warnte der Staatssekretär für die Kolonien, Bonar Law, 
das Haus vor einer falschen Kritik. Er sagte, wenn man nicht bereit sei, 
eine andere Regierung an die Stelle der gegenwärtigen zu setzen, so solle 
man nicht Kritik üben, die sie so im Ansehen herabsetze, daß sie sie in der 
Kriegführung schwächt. 
Der Munitionsminister Lloyd George: Die Zeit ist keineswegs da- 
zu reif, um über die Munitionsfrage, über ihre Vergangenheit und Zu- 
kunft volle Erklärungen abzugeben. Das Geschoßministerinm erhielt einen 
ganz neuen Beamtenstab, darunter mindestens 90 Männer mit bester Ge- 
schäftserfahrung. Die Aufgabe war erstens, die bestehenden Lieferungs- 
verträge zu beschleunigen, zweitens neue Bezugsquellen zu eröffnen. Die 
Lieferungen waren fast sämtlich bedauerlich hinter der Lieferungsfrist zu- 
rück infolge des Mangels an Maschinen und Arbeitern. Außerdem wurden 
etwa drei Viertel der Maschinen nicht mit voller Kraft ausgenutzt. Nur 
ein Fünftel arbeitete nachts. Die angeworbene Munitionsarmee beträgt 
netto 20000 Mann. Mehrere tausend gelernte Arbeiter wurden ferner vom 
Heere beurlaubt. Eine besondere Schwierigkeit bildeten die Maßnahmen 
der Gewerkschaften. Die Arbeiter könnten sicher 25 % mehr leisten, wenn 
sie mit voller Kraft arbeiteten. Es sei wünschenswert, daß die Arbeiter- 
führer ihren Einfluß geltend machen, damit die die Arbeit hemmenden 
Regeln der Gewerkschaften für die ganze Dauer des Krieges wegfielen. 
Denn nichts, was die Regierung tun könne, indem sie neue Hilfsquellen 
schaffe, könne schon in nächster Zeit seine Wirkung haben. Obwohl die Re- 
gierung ein Versprechen von den Gewerkschaften erhalten habe, daß sie 
Frauen und ungelernte Arbeiter zulassen würden, hätten sie dies verweigert. 
In einem Falle brach ein Ausstand aus, weil Bleiarbeiter die Arbeit der 
Kupferschmiede tun sollten. Die Kupferschmiede sind gegenwärtig im Aus- 
stand. Es ist dies ein beklagenswerter Zustand. Ferner entstanden Schwierig- 
keiten wegen der Abzeichen, die die Munitionsarbeiter tragen. Es wurden 
zu viele Abzeichen verteilt, wodurch die Rekrutierung gehemmt wurde. Um 
dem Mangel an Gewehren und Maschinen abzuhelfen, sind zufriedenstellende 
Anfänge gemacht worden. Leider dauert es sehr lange, bis die Erweiterung 
des Unternehmens Erfolge zeitigt. Aber die Ergebnisse werden den Ver- 
lauf des Krieges beeinflussen, lange bevor der Krieg zu Ende geht. Der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.