102 Bie Slerrrichisch-ung#rische Monarchie. (Juni 12.—16.)
Vielseitigkeit zu finden. Der Uebergang muß sorgfältig und bedachtsam
erfolgen, um krisenhafte Erschütterungen, wie sie sch im Gefolge großer
Kriege zu zeigen pflegen, möglichst zu vermeiden und in verläßlicher Weise
zu Verhältnissen hinüberzuleiten, wo sich unter Ausnützung unserer natür-
lichen Hilfsquellen und der technischen Errungenschaften ein blühendes
Wirtschaftsleben entfalten kann. Ein fest ausgebautes System wirtschaftlicher
Beziehungen ist die Voraussetzung einer günstigen Zukunftsentwicklung.
Vor allem handelt es sich um den wirtschaftlichen Ausgleich mit
Ungarn. (Hört! hört!) Die Regierung hat vor kurzer Zeit mit der kogl.
ung. Regierung ein nach den Interessen beider Teile sorgfältig abgewogenes,
auf längere Dauer berechnetes Verhältnis sichergestellt, mit dessen gesetzlicher
Fundamentierung sich das hohe Haus zeitgerecht zu beschäftigen haben wird.
Eine solche Festlegung der wirtschaftlichen Beziehungen dient dem Gedanken
der im Weltkriege neuerlich als eine gemeinsame Lebensnotwendigkeit
erkannten unauflöslichen Zusammengehörigkeit beider Staaten der Monarchie
und wird gewiß das wechselseitige Verständnig, die Harmonie des politischen
Fühlens und Denkens nachhaltig fördern. Sie bietet aber auch beiden
Staaten den gar nicht hoch genug zu veranschlagenden Gewinn, daß die
Monarchie als ein gewichtiger Kompaziszent auf dem Plan der künftigen
gandelspolitiscen Abmachungen auftreten kann. Vor allem werden wir ein
rrangement mit jenen Staaten suchen, mit denen uns in gewaltiger Zeit
voll bewährte Bündnisse umschließen, mit dem Deutschen Reiche (Lebh.
Beif., Heilrufe), das uns schon vor dem Kriege durch Jahrzehnte ein
mächtiger und treuer Bundesgenosse gewesen, mit der Türkei und Bulgarien
(Lebh. Beif.), die, seit langem unsere Freunde, während des Kampfes uns
als Verbündete zur Seite traten. Das weitere Programm erstreckt sich auf
jene Staaten, deren Neutralität die Neuregelung wirtschaftlicher Beziehungen
ins Auge fassen läßt, während im übrigen natürlich vorerst das Weltbild
nach dem Krieg abgewartet werden muß. Unsere wirtschaftliche Kon-
solidierung ist die unerläßliche Voraussetzung für die Lösung unserer übrigen
Zukunftsaufgaben. Ihre elementare Notwendigkeit muß uns aber um so
larer vor das Bewußtsein treten, als wir ohne sie Gefahr liefen, säumige
Zahler zu werden für die Schuld gegenüber allen jenen, durch deren unver-
gleichliches Wirken an der Front und daheim das Vaterland gerettet wurde.
Die Thronrede hat diese Schuld an die ganze Bevölkerung mit klaren
Worten anerkannt, insbesondere aber eine eifrige Fürsorge für die besonders
schwer getroffenen Schichten des Mittelstandes in Aussicht gestellt und eine
ausgreifende Tätigkeit auf dem Gebiete sozialer Wohlfahrtspflege
angekündigt. Die allgemeinen Ziele dieser letzteren und insbesondere die
Maßnahmen, die bereits heute zur Durchführung reif erscheinen, sind dem
ohen Hause aus jenem Zusammenhang bekannt. Seither hat das Allerhöchste
andschreiben vom 1. Juni d. J. (s. S. 90) die Errichtung eines Ministe-
riums für Volksgesundheit und soziale Fürsorge angekündigt. In dieser
entralstelle sollen die miteinander im engsten Konnex stehenden Angelegen-
eiten der Volkshygiene und öffentlichen Gesundheitspflege, des Jugend-
chutzes, der Invaliden- und Hinterbliebenenfürsorge, der Sozialversicherung
und des Wohnungswesens vereinigt und in innigem Zusammenwirken mit
den Vertretern der Selbstverwaltung und der freien Wohlfahrtsvereinigungen
verwaltet werden. Die Regierung steht nicht an, ihr schon des öfteren
abgelegtes Bekenntnis zur Notwendigkeit des Ausbaues unserer sozialen
Schutzeinrichtungen mit allem Nachdrucke zu erneuern. Sie erachtet es als
ihre Pflicht, ungesäumt die vorbereitenden Maßnahmen zu treffen, damit
die neue Zentralstelle in die Lage versetzt wird, ihre Wirksamkeit bald-
möglichst aufzunehmen. Im Zuge dieser Maßnahmen wird dem geehrten