Pie I##rreichisch- ungerische Menarchie. (Juni 12.—16.) 115
streiten übrigens keinesfalls dem österreichischen Staatsgedanken und dem
Interesse der Monarchie, wir glauben vielmehr, was bereits unsere Groß-
väter im Jahre 1794 und 1831 ausgesprochen haben, daß die richtige Be-
urteilung der Macht und Zukunft Oesterreichs in der Richtung unserer
Bestrebungen zu finden ist. Mit Befremden haben wir daher vernommen,
daß unsere Resolution vom 28. Mai 1917 von gewisser Seite mißdeutet
und als ein gegen die Allerhöchste Dynastie und gegen den Staat Oester-
reich gerichtetes Vorgehen interpretiert wird. Dieser irrigen Auslegung
müssen wie ganz entschieden entgegentreten (Beif. b. d. Polen) und können
über die Mißdeutung unserer Resolution und über die irrtümliche Aus-
legung derselben getrost mit dem Bemerken hinweggehen, daß wir tatsäch-
lich unter einvernehmlicher Mitwirkung Oesterreichs unsere Zukunft zu
bauen wünschen und daß wir hierbei auf die wohlwollende Unterstützung
Oesterreichs und seines hochherzigen Monarchen zuversichtlich rechnen und
vertrauen. Redner fordert schließlich im Namen des Polenklubs die Re-
gierung auf, eine vollständige Aenderung des in Galizien herrschenden
Systems auf allen Gebieten des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens
vorzunehmen, ferner zu veranlassen, daß eine vollständige Rückkehr zu
besseren Zuständen, und zwar sowohl in bezug auf Verfassung, Berwal-
tung, Justiz und alle sonstigen Belange erfolge, um schließlich in Galizien
normale Zustände zu schaffen. BVon der Erfüllung dieser Postulate machen
die Mitglieder des Polenklubs ihr Verhältnis zur Regierung abhängig. Heute
erklären wir, daß, insolange diese Postulate, die der Regierung aus vielen
Beschwerden bekannt sind, nicht erfüllt werden, und insolange die Regierung
diese Gravamina nicht wird beseitigen wollen oder können, wir diese Re-
gierung nicht unterstützen werden. (Lebh. Beif. b. d. Polen.)
14. Juni. — Finanzminister Dr. v. Spitzmüller führt aus: Es steht
fest, daß wir wirtschaftlich in einer die Erwartungen und Hoffnungen auch
der besten Patrioten übertreffenden Weise durchgehalten haben. Trotz der
ganz ungewöhnlichen Gestaltung unserer Wirtschaft sind unsere Steuer-
ergebnisse befriedigend, zum Teil überraschend günstig. Besonders ist unsere
finanzielle Leistungsfähigkeit zur Ueberraschung namentlich des feindlichen
Auslandes dadurch zutage getreten, daß wir die Kosten des Krieges über-
wiegend durch im Inland gezeichnete Kriegsanleihen bestreiten konnten.
Wir konnten den Kriegsaufwand aus Eigenem decken. Nur soweit es sich
um die Beschaffung auswärtiger Zahlungsmittel, speziell der Mark, han-
delte, ist uns das verbündete Deutsche Reich in sehr dankenswerter Weise
zu Hilfe gekommen. Der Krieg hat völlig den Rahmen unseres Budgets
esprengt. Es handelt sich darum, auf der Einnahme= wie auch auf der
Kusgabrseite neue Methoden zu suchen. Der Minister betont die Not-
wendigkeit einer strengen Sparsamkeit. Trotzdem werde der Finanzminister
überall dort Geld zur Verfügung stellen müssen, wo es sich um Regenerie-
rung der Volkskraft handelt, ebenso für produktive Ausgaben. Der viel
geschmähte Fiskus hat seine Natur in dem furchtbarsten aller Kriege etwas
gewandelt. Der Fiskus ist während des Krieges vielfach als Helfer auf-
getreten. Die Unterhaltsbeiträge erreichten bis Ende April 1917 den Betrag
von 3½ Milliarden Kr., sie werden infolge Erhöhung im Jahre 1917 allein
2 ½6 Milliarden erfordern. Die Flüchtlingsfürsorge erforderte bis Ende
April 600 Mill. Kr. Für die Erleichterung der Lebensmittelbeschaffung für
die armen Volksschichten wurden 300 Mill. Kr. bestimmt. Dazu kommen
die großen Ausgaben für die Wiederherstellungsarbeiten in Galizien, Buko-
wina und den südlichen Ländern. Wir griffen überhaupt überall ein, wo
ein Versagen des wirtschaftlichen Apparats die öffentlichen Interessen be-
drohen konnte. Durch all diese Unternehmungen ist das Interesse der brei-
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