164 Die ãsterteitisq·nngarise Menarqhie. (August 1.—6.)
1.—2. Aug. (Wien.) Besuch des Reichskanzlers Dr. Michaelis.
Am 2. wird er von Kaiser Karl in Audienz empfangen, der ihm
das Großkreuz des St. Stefansordens überreicht.
Ueber das Ergebnis der Besprechungen mit Graf Czernin teilt das
Hk. k. Tel.-Korr.-Bur."“ mit: Daß Dr. M. und Graf Cz. in den großen,
grundlegenden politischen Fragen eines Sinnes sind, erhellt aus ihren sich
grundsätzlich deckenden Reden, welche sie am 28. v. M. unabhängig von-
einander vor Pressevertretern gehalten haben (s. S. 161 f. und Tl. 1 S.729 ff.).
Mit Rücksicht hierauf konnte Dr. M. seine Anwesenheit in Wien dazu be-
nützen, um sich über die Gesamtheit der sonstigen und wirtschaftlichen
Fragen im einzelnen zu unterrichten, welche im Verhältnis zwischen Deutsch-
land und Oesterreich--Ungarn während des gegenwärtigen Krieges bestehen.
Die Unterredungen der beiden Leiter der. auswärtigen Politik der verbün-
deten Mittelmächte haben auch auf diesem Gebiete zur erneuten Festlegung
der gemeinsam zu verfolgenden Richtlinien geführt.
2. Aug. Die Christlich-Sozialen und die Kabinettsfrage.
Die Christlich-Soziale Bereinigung erklärt sich bereit, die Regierung
zu unterstützen, doch seien gegenwärtig die Grundlagen für den Beitritt der
Partei zum Kabinett nicht gegeben. — Dadurch sind die Bemühungen des
Ministerpräsidenten um die Schaffung eines Parlamentskabinetts gescheitert,
zumal auch die Polen und Südslawen ablehnende Haltung einnehmen.
4. Aug. (Kroatien.) Programm der Südslawen.
Im Landtag stellt der Führer der Bauernpartei, Abg. Dr. St. Radic,
als Forderung seiner Partei dieè vollständige Trennung von Ungarn, die
Schließung aller ung. Schulen in Kroatien, die Abberufung aller ung. Be-
amten aus Kroatien sowie die Vereinigung aller österr.-slowenischen Gebiete
mit Kroatien, einschließlich des Banats. Die nationale Vereinigung dürfe
an Drau und Donau nicht Halt machen. Diese von den Parteigenossen des
Redners mit Zustimmung ausgenommenen Ausführungen werden von dem
Vorsitzenden des Landtags, Dr. Magdic, scharf zurückgewiesen.
5.—6. Aug. (Krakau.) Tagung des Polenklubs.
U. a. wird folgender Beschlußantrag des Abg. Zieleniewski betr.
die Stellungnahme zur Regierung angenommen: In Erwägung, daß
die ungeklärten Parteiverhältnisse im Reichsrate noch keine genügende
Grundlage zur Bildung einer rein parlam. Regierung bieten, in Erwägung,
daß die vorgeschlagene parlam. Regierung mit Rücksicht darauf, daß große
Parteien von der Teilnahme an ihr sich fernhalten, und mit Rücksicht auf
die Struktur dieser Regierung nicht die Merkmale einer echt parlam. Re-
gierung an sich trägt, in Erwägung ferner, daß die Nichterfüllung der
bisherigen Forderungen des Polenklubs, welche die Beschlüsse des Polen-
klubs vom 16. Mai (s. S. 76) begründeten, dem Polenklub nicht gestatten,
an der vorgeschlagenen angeblich parlam. Regierung durch Entsendung seiner
Mitglieder in diese Regierung teilzunehmen, erklärt der Polenklub, daß er
die Bildung einer parlam. Regierung im gegenwärtigen Augenblicke
für unreell hält, und da er mit der Bildung eines Beamtenkabinetts
rechnet, fordert er von diesem Kabinett die Verwirklichung seiner bereits
den vorherigen Regierungen vorgelegten Postulate und wird eine ab-
wartende Haltung einnehmen, indem er die Unterstützung der Regierung
von der Erfüllung der vorgelegten Forderungen abhängig macht.
6. Aug. (Czernowitz.) Einzug Kaiser Karls.