278 Erobrikanzsien. (März 28.)
Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte nach Deutschland einstellten, und er-
klärt: Eine solche Maßregel würde sich mit unseren ausgesprochenen An-
sichten über die Rechte der kleinen Nationen schwer vertragen. Ueberdies
würde die einzige Wirkung sein, daß die gesamte landwirtschaftliche Pro-
duktion solcher Länder dann nach Deutschland gehen würde, während unter
den jetzigen Bedingungen unser Anteil aus Dänemark langsam steigt und
wir, was Holland anbetrifft, beinahe wieder die vor dem Kriege bestehenden
Verhältnisse erreicht haben. Ich habe niemals behauptet, daß ich mit der
Blockade Wunder wirken würde, aber ich würde das Haus und das Land
täuschen, wenn ich nicht sagte, daß jetzt als Ergebnis der Blockade in
Deutschland ein sehr großer Mangel an Nahrungsmitteln und ein sehr er-
heblicher Mangel an anderen Dingen, wie Wolle, Baumwolle, Schmier-
ölen und anderen Bedarfsartikeln, herrscht. Ich kann die wiederholten, wohl
belegten Mitteilungen von Lebensmittelunruhen, die auf die tiefe Unzufrieden-
heit der deutschen Bevölkerung mit den herrschenden Zuständen hindeuten,
weder übersehen noch als unglaubhaft betrachten. Ob der Krieg durch die
Blockade zu Ende gebracht wird, ist eine andere Sache. Aber ich kann
sagen, daß, wenn wir die Endschlacht zu kämpfen haben werden, die Wirkung
unserer Blockade sehr ins Gewicht fallen wird.
28. März. (Unterhaus.) Wahlrechtsreform.
Zur Beratung stehen die von der Parlamentskommission für
Wahlrechtsreform unter dem Vorsitz des Sprechers des Parlaments aus-
gearbeiteten Vorschläge. Asquith beantragt, die Regierung solle so-
fort diese Vorschläge als Gesetzentwurf dem Hause einreichen. Ueber den
Inhalt der gemachten Vorschläge teilt A. mit: Es seien im ganzen 37 Be-
stimmungen, davon 34 einstimmig, in der Kommission angenommen worden.
Dies sei eine der denkwürdigsten Uebereinkommen in der politischen Ge-
schichte Englands. Es wäre deshalb geradezu unverzeihlich, wenn man eine
so günstige Gelegenheit vorübergehen ließe, ein Problem, das seit einer
Generation den Gegenstand erbitterter Meinungsverschiedenheiten gebildet
habe endgültig zu regeln. Gewiß wünsche niemand die Aufmerksamkeit vom
friege abzulenken oder Kräfte, die nur ihm gewidmet sein sollen, in inneren
Angelegenheiten zu verzetteln. Aber man müsse ein doppeltes bedenken.
Einmal, daß das Wahlrecht im Kriege irgendeinmal zur Anwendung
kommen könne, und daß man deshalb ein Wahlrecht haben müsse, das nicht
Schein und Trug sei, sondern das wirklich die offenkundige Meinung und
den Willen der Nation in ihrer Gesamtheit darstelle. Sodann stärke die
Einmütigkeit, die innerhalb der Kommission zutage getreten sei, die Hoff-
nung, daß eine gleiche Gesinnung im Parlament sich kundgeben und mit
einem verhältnismäßig geringen Aufwand von Zeit und Mühe sich eine
Einigung auf den von der Kommission entworfenen Grundlagen erreichen
lassen werde. Das Wesentliche der Vorschläge bestehe nach seinem Dafür-
halten in folgenden fünf Bestimmungen, von denen die Kommission die
vier ersten einstimmig angenommen habe. Wahlberechtigt solle jeder dauernd
Beschäftigte sein, der 21 Jahre alt ist, sofern er sechs Monate in dem Wahl-
kreise wohnt. Das bisherige Mehrstimmenrecht werde dahin eingeschränkt,
daß die Akademiker und die Gewerbetreibenden, soweit sie neben der Wohnung
noch ein Grundstück für Geschäftszwecke als eigen oder in Miete in einem
andern Bezirk besitzen, eine zweite Stimme erhalten. Sodann sollen alle
Wahlen an dem gleichen Tage abgehalten werden. Von besonderer Wichtig-
keit sei ferner, daß die Kosten für die Aufstellung der Wählerlisten zwischen
den Gemeinden und dem Staat geteilt werden sollen. Weiter sei eine Neu-
einteilung der Wahlkreise vorgeschlagen. Als Normalziffer werden 70000