Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Großbritannien. (Mai 2.) 291 
einer besonderen Reichskonferenz nach dem Kriege, um eine Umgestaltung 
der verfassungsmäßigen Beziehungen der Bestandteile des Reichs zu er- 
wägen, die eine ständige Beratung und einheitliches Handeln in allen wich- 
tigen Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse schaffen würde. Sie 
verlangte dringend, die Bürgerrechtsverleihung im ganzen Reiche gleichmäßig 
zu behandeln, und erklärte es für wünschenswert, in London eine Reichs- 
stelle für das Vorkommen von Erzen in den Bestandteilen des Reichs ein- 
zurichten und Maßregeln zu ergreifen, sie nutzbar zu machen, um die 
Metallbedürfnisse des Reichs zu befriedigen. Die Konferenz betonte im 
Hinblick auf die im gegenwärtigen Kriege gewonnenen Erfahrungen die Be- 
deutung einheitlichen Handelns: Erstens zur Entwicklung einer angemessenen 
Fähigkeit, Material für Flotte und Heer, Munition sowie Nahrungsmittel 
in allen wichtigen Teilen des Reichs zu erzeugen, zweitens zur Verfügung 
über die natürlichen Hilfsmittel im Reiche, insbesondere diejenigen, die für 
die nötigen nationalen Zwecke im Frieden und Krieg wichtig sind, drittens 
zur Verarbeitung dieser natürlichen Hilfsmittel innerhalb des Reichs. Die 
Konferenz nahm außerdem folgende Erklärung an, deren Hauptpunkte vor 
kurzem in der Guildhallrede Lloyd Georges (s. S. 288 ff.) angekündigt worden 
sind: Die Zeit ist gekommen, da der Entwicklung der Hilfsmittel des Reichs 
jede mögliche Unterstützung gewährt werden sollte, besonders, um das Reich 
bezüglich Nahrungsmittel, Rohstoffe und wichtiger Industrien unabhängig 
von anderen Ländern zu machen. Angesichts dieser Ziele hat sich die Kon- 
ferenz für den Grundsatz ausgesprochen, daß jeder Teil des Reichs, bei 
schuldiger Rücksicht auf die Interessen der Alliierten, den Erzeugnissen und 
Fabrikaten anderer Teile des Reichs eine besonders günstige Behandlung 
und Erleichterungen zuteil werden lassen soll, durch die diejenigen, die aus 
dem Vereinigten Königreich auszuwandern beabsichtigen, veranlaßt werden 
könnten, sich in Ländern unter britischer Flagge anzusiedeln. 
2. Mai. König Georg erläßt einen Aufruf zur freiwilligen 
Einschränkung des Brotverbrauchs. 
2. Mai. (Unterhaus.) Staatshaushaltsplan 1917/18. 
Schatzkanzler Bonar Law bringt den Staatshaushaltsvoranschlag für 
1917/18 ein. Die Ausgaben des Jahres sind auf 2290381000 Pf. St., die 
Steuereinnahmen auf 638600000 Pf. zu schätzen, so daß noch 1651 781000 Pf. 
St. durch Anleihen gedeckt werden müßten, die täglichen Kriegskosten auf 
6275000 Pf. St. gegen 6022000 Pf. St. im letzten Jahre zu veranschlagen. 
Nach der Budgetübersicht haben im Vorjahre die Steuereinnahmen mit 
573428000 Pf. den Voranschlag um 71153000 Pf. überstiegen. Die wichtigste 
Vermehrung ergab sich aus der Kriegsgewinnsteuer mit 5392000 Pf., bei 
der Grundstückssteuer mit 1239000 Pf., bei der Stempelsteuer mit 878000 Pf. 
Eine Abnahme der Einnahmen fand statt bei der Post um 1650000 Pf., 
beim Telephon um 450000 Pf., bei den Einfuhrzöllen um 429000 Pf. und 
bei der Konsumsteuer um 8620000 Pf. Die Ausgaben betrugen 2 198 113000 Pf., 
was eine Ueberschreitung des Voranschlages um 372 Mill. Pf. bedeutete. 
Diese Mehrausgabe ist nach den Darlegungen des Schatzkanzlers in der 
Hauptsache durch Munitionsbeschaffungen und die den Alliierten und Dominions 
gewährten Darlehen verursacht worden. Der Voranschlag der den Alliierten 
und Dominions gewährten Darlehen ist um 100 Mill. Pf. überschritten 
worden. Die Vorschüsse an die Alliierten beliefen sich auf 540 Mill. und 
die Vorschüsse an die Dominions auf 54 Mill., was die Gesamtsumme der 
seit Beginn des Krieges an die Alliierten und die Dominions gewährten 
Vorschüsse auf 822 bezw. 142 Mill. Pf. St. bringt. Das Defizit von 
197
	        
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