Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Krankreich. (Februar 1.—9.) 385 
ausbruch gebrachten Opfer müßten endlich aufhören. Es sei unmöglich, 
neue Kontingente auszuheben, ohne das Wirtschaftsleben lahmzulegen, um 
so mehr, als man 100000 Mann von 350000, also einen auf drei Mann, 
einzuziehen gedenke. Der Zusatz wird mit starker Mehrheit abgelehnt. Zu 
dem Antrag Denais über die Zivilmobilmachung erklärt Unterstaatssekretär 
Besnard, die Regierung beschäftige sich zurzeit mit der Frage der Organi- 
sation des Zivildienstes. Ein diesbezüglicher Gesetzesvorschlag sei in Aus- 
arbeitung. Schließlich wird der Art. 1, nach dem alle nur einmal Nach- 
gemusterten der Jahresklassen 1896—1914 einschließlich nachgemustert werden 
sollen, angenommen. Ferner werden die Art. 3 und 4 angenommen, die 
bestimmen, daß die Tauglichbefundenen ihrer Jahresklasse einverleibt werden 
sollen. Ein Antrag, daß alle, die sich freiwillig für Spezialdienste anboten 
und eingezogen wurden, neugemustert werden sollen, wird mit 226 gegen 
222 Stimmen angenommen. Als am 3. Febr. der Abg. Guichard die 
sofortige Entlassung der Mannschaften 1888,89 verlangt, erklärt Kriegs- 
minister Liautey, den Antrag nicht annehmen zu können, da dadurch der 
Armee 300000 Mann entzogen würden. Er müsse seine Ablehnung ver- 
langen und die Vertrauensfrage stellen. Der Antrag wird darauf mit 317 
gegen 126 Stimmen abgelehnt. Auch der Antrag des ehemaligen Acker- 
bauministers David, daß die Ackerbauer der Jahresklassen 1890 und 1891 
sowie die Angehörigen der Territorialreserven, soweit sie Väter von fünf 
Kindern oder Witwer mit vier Kindern sind, für landwirtschaftliche Arbeiten 
zur Verfügung gestellt werden, wird auf den Wunsch des Kriegsministers 
abgelehnt. (Infolge dieser Ablehnung erklärt David seinen Rücktritt als 
Generalkontrolleur für die landwirtschaftlichen Arbeiterfragen.) Dagegen 
wird der Antrag des Abg. Sixte-Quenin, daß Geistliche, die bisher nur 
Sanitätstruppen einverleibt werden, in alle Formationen, also auch Kampf- 
truppen, eingereiht werden können, trotz des Widerspruchs des Kriegsministers 
mit 337 gegen 152 Stimmen angenommen. Endlich wird der Gesetzentwurf 
im ganzen mit 398 gegen 85 Stimmen angenommen. — Am 17. Febr. 
nimmt der Senat den Gesetzentwurf einstimmig an. 
1. Febr. Eröffnung der Ententekonferenz in Petersburg. (S. Rußl.) 
S. Febr. Abschluß eines Uebereinkommens mit Osterr.-Ungarn 
betr. den Austausch inv. Kriegsgefangener. (S. S. 25.) 
8. Febr. (Kammer.) Kritik der Kriegsorganisationen. 
Bei der Erörterung der Kredite für die neugeschaffenen Unter- 
staatssekretariate kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen 
der Opposition und der Regierung. Die Abgg. Benoist (Soz.), Joubert 
Nad.) und Andrieux (Republ.) richten gegen Briand scharfe Angriffe 
wegen der Mangelhaftigkeit und Entschlußunfähigkeit der verschiedenen 
Kriegsorganisationen. Als Joubert den Antrag stellt, das Ackerbau- 
ministerium, das zurzeit die höchste Bedeutung besitze, solle wieder selb- 
itaͤndig gemacht und das Staatssekretariat der schönen Künste wieder auf- 
gehoben werden, erklärt Briand, was Joubert wolle, gehöre in den Bereich 
der Regierungsinitiative. Wenn die Kammer den Antrag annehme, gebe 
es ein neues Ministerium, aber keine Regierung mehr. Der Antrag Jou- 
bert wird hierauf mit 389 gegen 132 Stimmen (so „Havas“, nach späterer 
Feststellung mit 290 gegen 118 bei zahlr. Stimmenthaltungen) abgelehnt. 
8.—9. Febr. (Senat.) Kohlenkrise. Zivildienstpflicht. 
Bei der Besprechung der Interpellationen über die Kohlenkrise werden 
heftige Angriffe gegen die Regierung gerichtet und auch das Abkommen 
Europäischer Geschichtskalender. LVIII8. 25 
  
 
	        
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