Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

400 Frankreich. (April 1.—5.) 
bieten verkündet, Verbrechen gegen das Privateigentum, gegen die öffent- 
lichen Gebäude, gegen die Ehre, die Freiheit und das Leben von Privat- 
personen, indem er feststellt, daß Akte einer unerhörten Gewaltsamkeit 
begangen wurden ohne die Entschuldigung irgendeiner militärischen Not- 
wendigkeit und in systematischer Verachtung des von Deutschland ratifizierten 
Haager Abkommens vom 18. Okt. 1907, überliefert er der allgemeinen 
Verfluchung die Urheber dieser Schandtaten, für die die Gerechtigkeit eine 
gesicherte Sühne fordert; begrüßt mit Hochachtung diejenigen, die deren 
Opfer waren und denen die Nation feierlich verspricht, daß sie dafür volle 
Entschädigung durch den Feind erhalten werden; versichert mehr als je- 
mals den Willen Frankreichs, der durch seine bewundernswerten Soldaten 
— und in Uebereinstimmung mit den verbündeten Völkern — erfüllt wird, 
den ihm aufgezwungenen Kampf fortzusetzen bis zur endgültigen Ver- 
nichtung des deutschen Imperialismus und Militarismus, die verantwort- 
lich sind für alles Elend und alle Trümmer und alle Trauer, die jetzt die 
Welt bedecken. — Ferner bewilligt der Senat das Budgetprovisorium (s. o.). 
1. April. (Paris.) Bei einer Versammlung der „Liga für 
Menschenrechte“ zu Ehren der russischen Revolution kommt es zu 
großen Friedenskundgebungen. 
4. April. (Kammer.) Kriegsgewinnsteuer. Einfuhrverbot. Volke- 
zählung. 
Zunächst wird ein von den Sozialisten ausgegangener Gesetzesvorschlag 
angenommen, der sämtliche für die Herstellung von Kriegsmaterial requi- 
rierte Fabriken unter die Kontrolle des Munitionsministers stellt und sie 
verpflichtet, den über 10 Proz. des Kapitals hinausgehenden Reingewinn 
mit dem Staate zu teilen. Diese Abgabe an den Staat steigt progressiv 
bis zu 60 Proz. des Reingewinns. 
Die Kammer erledigt weiter die Interpellation über das am 22. März 
(s. S. 397)erlassene allgemeine Einfuhrverbot. Handelsminister Clementel 
gibt zu, daß der plötzliche Erlaß eines allgemeinen Einfuhrverbotes eine 
brutale Maßregel sei, daß er aber gezwungen gewesen sei, wegen der Be- 
dürfnisse der Kriegführung dem Beispiel Englands zu folgen. Der Minister 
stellt eine umfangreiche Gewährung von Ausnahmen in Aussicht, insbesondere 
für die zur Ernährung und Kleidung nötigen Produkte. Schließlich er- 
bietet er sich, sein Dekret durch einen Gesetzentwurf zu. ersetzen, damit die 
Zollkommission der Kammer Gelegenheit erhalte, die Liste der vom Einfuhr- 
verbot auszunehmenden Waren aufzustellen. Daraufhin gewährt die Kammer 
dem Minister ohne Widerspruch eine Vertrauenstagesordnung. 
Zum Schluß bewilligt die Kammer einen vom Finanzminister be- 
gründeten Kredit für die Veranstaltung einer Volkszählung. Die Re- 
gierung hält es für nötig, die nicht mobilisierte Bevölkerung zu zählen, 
um die Bedürfnisse an Lebensmitteln festzustellen und eine Unterlage zu 
gewinnen für die Heranziehung der Nichtmobilisierten zum Hilfsdienst. 
5. April. General Liautey wird wieder zum Residierenden 
Generalkommissar in Marokko ernannt. 
5. April. (Kammer und Senat.) Huldigung für die Ver. 
Staaten. Vertagung. 
gu Beginn der Sitzung der Kammer hält Ministerpräsident Ribot 
folgende Rede: Wir alle haben die Empfindung, daß sich vor unsern Augen 
eine große Tatsache, ein außergewöhnliches politisches Ereignis vollzieht.
	        
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