Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Franbreich. (April 22.—29.) 403 
Bordeaux samt den Vorhäfen anzubieten, damit die Ver. Staaten für ihre 
Handelsmarine eine gebührende Basis in Frankreich besitzen. Das Dep. 
Gironde verspricht im Einvernehmen mit der Handelskammer und den 
städtischen Behörden von Bordeaux den Amerikanern ausgedehnte, bequeme 
und unabhängige Einrichtungen. 
22. April. (St. Denis.) Auf Anweisung des Erzbischofs von 
Paris wird die altfranz. Oriflamme wieder aufgerichtet. 
24. April. Gefangene Deutsche auf franz. Hospitalschiffen. 
Die „Agence Havas" meldet amtlich: Entgegen allen Regeln des Völker- 
rechts und der Menschlichkeit haben die Deutschen ihren Entschluß an- 
gekündigt, Hospitalschiffe ohne Warnung zu torpedieren. Unter diesen Um- 
ständen hat die franz. Regierung zur Kenntnis gebracht, daß sie deutsche 
Gefangene auf diesen Fahrzeugen einschiffen würde. 
Das „WB.“ bemerkt dazu: Diese franz. Behauptung ist unwahr. 
Es ist lediglich in der Denkschrift vom 29. Jan. ein genau festgelegtes Ge- 
biet im engl. Kanal für den Verkehr mit feindl. Lazarettschiffen verboten, 
weil nachgewiesenermaßen Lazarettschiffe der Entente zum Transport von 
Truppen und Kriegsmaterial mißbräuchlich benutzt wurden. Die von der 
franz. Regierung angekündigte Maßnahme kann daher nur als ein neuer 
Beweis der ungeheuerlichen Handlungsweise der Franzosen, wie er sich 
unseren Gefangenen gegenüber, besonders in Afrika, unzählige Male ge- 
zeigt hat, angesehen werden. 
28. April. Die Mehrheitssozialisten gegen Stockholm. 
„Humanité“ veröffentlicht die mit 13 gegen 11 Stimmen angenommene 
ablehnende Antwort des ständigen Verwaltungsausschusses der franz. 
Sozialistenpartei auf die Einladung zur Stockholmer Konferenz. Die 
Begründung beginnt damit, daß der holländischen Delegation, von der die 
Einladung ausgeht, überhaupt die Befugnis abgesprochen wird, im Namen 
der Internationale zu sprechen. Das stehe allein dem früheren, von Vander- 
velde präsidierten Ausschuß zu. Dann wird die geplante Konferenz als 
gegenstandslos bezeichnet, weil ihre Tagesordnung nicht mitgeteilt worden 
sei. Der Ausschuß macht weiter den Deutschen und Oesterreichern zum 
Vorwurf, daß sich der Sozialismus ihrer Länder an dem Angriff mit- 
schuldig gemacht habe. Die Wiederaufnahme der Beziehungen mit ihnen 
werde erst nach dem Kriege stattfinden können. Die Konferenz würde allein dazu 
beitragen können, die Bestrebungen für einen Sonderfrieden zu begünstigen. 
Die Partei der franz. Soz. könne sich nicht zu solchen Absichten hergeben 
in einer Stunde, wo die deutsche Regierung sich weigere, ihre Kriegsziele 
bekannt zu geben, wo Rußland sich für die Freiheit organisiert und wo 
die Ver. Staaten zugunsten eines dauerhaften Friedens auf Grundlage des 
Völkerrechtes in den Krieg eintreten. 
29. April. General Pétain wird zum Chef des allgem. General- 
stabs beim Kriegsministerium ernannt. 
Durch Regierungserlaß wird bestimmt, daß der Generalstabschef der 
Delegierte des Kriegsministers (der selbst nicht Militär ist) für alle tech- 
nischen Fragen, welche die militärischen Operationen angehen, und für 
die Leitung der allgemeinen Hilfszweige des Landgebietes sein wird. Da- 
durch soll eine Zentralisierung aller militär. Dienstzweige im Innern des 
Landes und ein besseres Zusammenwirken der innern Verwaltung mit 
der Obersten Heeresleitung erzielt werden. Die Feldoperationen leitet 
General Nivelle. 
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