Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Frankrei. (Mai 24.) 407 
dem Parlament in kurzem fiskalische Maßnahmen vorzuschlagen, die das 
für das ständige Budget unerläßliche Gleichgewicht gewährleisten sollen. 
Die Kredite für das 3. Quartal belaufen sich auf 9843272556 Fr. 
Das allgemeine Budget beläuft sich auf 1032926 102 Fr. Die Nachtrags- 
budgets übersteigen, verglichen mit jenen des zweiten Quartals, das all- 
gemeine Budget um 218813983 Fr. Das zweit# Quartal hatte gegenüber 
dem ersten eine Zunahme von 991 Mill. zu verzeichnen. Es umfaßte mit 
Einschluß der Nachtragskreditbegehren über 10 Milliarden, während die 
Regierung für das dritte Quartal nur 9843 Mill. fordert. 
Von den direkten Stenern sind nach dem Berichte bis Ende April 
von 1200 Mill. erst 88 Mill. eingegangen. Bei den indirekten Steuern er- 
gibt sich während der ersten vier Monate des Jahres, verglichen mit dem 
gleichen Zeitraum des Vorjahres, ein Mehrertrag von 444 Mill., von denen 
die Hälfte auf die Einfuhrzölle entfällt, während ein namhafter Teil den 
im Dezember 1916 beschlossenen fiskalischen Maßnahmen zu verdanken ist. 
24. Mai. (Kammer.) Versorgungsfrage. 
In Erwiderung der scharfen Kritiken der Abg. an seiner Tätigkeit 
gibt Verpflegungsminister Violette eine offene Darstellung der Ernährungs- 
schwierigkeiten. Es erhellt daraus, daß Frankreich sich infolge des Tauch- 
bootkriegs in einer schweren wirtschaftlichen Notlage befindet. Der Minister 
stellt fest, daß für die Einfuhr der notwendigen Bedürfnisse ein Schiffs- 
raum von 1525000 To. nötig sei, daran fehlen jedoch 815000 To. In- 
folge der Herabsetzung der Einfuhr erreicht die Einfuhr von Benzin nur 
noch 31000 To. in der Woche, wovon das Hauptquartier allein 29000 To. 
beansprucht, so daß für die Zivilbevölkerung nur noch 2000 To. (anstatt 
15000 To.) übrig bleiben. Die Einfuhr von Futtermitteln, Hen und Hafer 
ist derart gesunken, daß alle Vorräte für die Armee reserviert werden 
müssen. Der Hafer wird selbst für die Kavallerie fehlen, falls nicht die 
neue Ernte schon anfangs Juni möglich ist. Die Kavallerie verlangt ferner 
27000 To. Heu pro Tag, während die Requisitionen nur 17000 To. er- 
geben. Die Einfuhr von Gefrierfleisch ist derart gesunken, daß auf dieses 
Nahrungsmittel vorläufig überhaupt nicht mehr zu rechnen ist. Die Fleisch- 
versorgung ist infolge der Behinderung der Zufuhr aus dem Ausland und 
den Kolonien sowie infolge des Futtermangels im Inland vollständig in 
Frage gestellt. Sie wird mit den stärksten Einschränkungen noch sechs Mo- 
nate bewältigt werden können. Wenn aber der Krieg noch ein Jahr dauern 
sollte, so müsse das ganze Land auf jede Fleischversorgung verzichten. Es 
ist auch ganz unmöglich, zugunsten der Arbeiter eine Tagesration von 
300 Gr. Fleisch bereitzustellen. Die Brotversorgung ist nicht weniger schwierig 
geworden; sie war bisher nur möglich durch die Vorwegnahme eines großen 
Teils des für die Einfuhr verbliebenen Schiffsraums zugunsten der Ge- 
treideeinfuhr und durch das Ausmahlen des Getreides zu 85 Proz. Trotz- 
dem hängt es von dem Zeitpunkt der neuen Ernte ab, ob der Uebergang 
gesichert werden könne. Jedenfalls steht in den Großstädten eine sehr ernste 
Periode bevor. Das Ackerbauministerium rechnete damit, daß die Vorräte 
bis zum 1. September reichen würden, nach den Angaben der Präfekten 
reichen sie aber nur bis Ende Juli. Hinsichtlich der Kohlen ist Dezentrali- 
sation nötig. Die Seetransporte bleiben hier um 800000 To. unter dem, 
was wirklich eintreffen sollte, zurück. Ueber die Grundlinien seiner 
Politik führt V. aus: 1. Die Festsetzung von Höchstpreisen ist nur wirksam, 
wenn sie sich auf die Erzeugung und den Verkauf erstrecken. 2. Nur die 
freie Konkurrenz kann eine Erhöhung der Lebensmittelpreise verhindern. 
3. Karten sind nur möglich, wenn die Bedürfnisse für alle Verbraucher
	        
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