Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Frankreich. (Mai 27.—28.) 409 
brachten alles für das Land Notwendige. Im März liefen in unsere Häfen 
1200000 To., im April 4300000 To. Waren ein, in den deutschen Häfen 
dagegen läuft nichts oder fast gar nichts ein. Wir können also den Krieg 
nicht wegen des Tauchbootkrieges verlieren. Wir können noch schmerzlichere 
Verluste haben, aber wir müssen die Lage ohne Schwäche und ohne blinden 
Optimismus, aber auch ohne Besorgnis ertragen. Admiral Lacaze schildert 
dann die Verteidigungsmittel gegen den Tauchbootkrieg und erklärt, 
daß sein erstes Bestreben gewesen sei, den französischen Arsenalen ihre 
Wirksamkeit zu erhalten. Die Bewaffnung der Patrouillenschiffe wurde ver- 
vollkommnet, um ihnen ein schnelleres Schießen zu ermöglichen. Es gibt 
bereits Beispiele von Fischdampfern, die mit Erfolg Tauchboote beschcssen 
haben. Der Minister bespricht dann die Maßnahmen zur Erstellung von 
drahtlosen Stationen längs der Küste und Marineflugstationen. Im nächsten 
Oktober würden alle Handelsfahrzeuge mit je zwei Geschützen ausgerüstet 
sein. Wir tun unser Möglichstes, aber die Möglichkeiten sind beschränkt. 
Kann mehr getan werden? Die Kammer möge entscheiden. Wenn sie dieser 
Anstcht ist, so machen Sie mich verantwortlich. Die Verwendung der See- 
streitkräfte hängt von den militärischen Führern ab. Eine jüngste Konferenz 
in Korfu hat neue Maßnahmen beschlossen und ich habe sie gebilligt, aber 
unsere militärischen Führer richten sich nach mir und ich allein bin ver- 
antwortlich. (Fortsetzung der Debatte s. S. 413.) 
27.—28. Mai. (Paris.) Tagung d. Nationalrats d. soz. Partei. 
Die Konferenz ist von dem ständigen Verwaltungsausschuß einberufen, 
um die Entschließung (s. S. 403) zu genehmigen, daß keinem franz. Sozialisten 
der Auftrag erteilt werde, die Partei in Stockholm zu vertreten. Die von 
der Mehrheit (Renaudel, Guesde, Sembat, Cachin u. a.) eingebrachte 
Entschließung lehnt die Beteiligung an der Konferenz äb und erklärt ihre 
Einberufung als den Statuten der Internationale widersprechend. Die 
von der Minderheit (Longuet, Mistral, Pressemane, Mayéras u. a.) ein- 
gebrachte Entschließung spricht sich für die Entsendung einer Abordnung, 
jedoch gegen einen russischen Separatfrieden aus, verlangt Entscheidung der 
elsaß-lothr. Frage durch Volksabstimmung und verzichtet auf Kriegs- 
entschädigung. Der Führer- der Zimmerwalder Loriot beantragt die Be- 
schickung der Konferenz ohne jede Einschränkung. Ein vierter, von den 
Abgg. Bedouce u. Gen. eingebrachter Antrag verlangt die Einberufung des 
internat. soz. Büros zwecks Vorbereitung einer allgemeinen Konferenz der 
internat. Sektionen zur Erörterung der Kriegsverantwortlichkeiten und der 
Friedensbedingungen nach vorausgegangener Verständigung der alliierten 
soz. Sektionen untereinander über ihre gemeinsame Haltung bei dem künf- 
tigen Zusammentritt der Internationale. Z 
Bestimmend für die haltung der Konferenz sind vor allem die Berichte 
der aus Rußland zurückgekehrten Soz. Cachin und Moutet über ihre 
Besprechungen mit dem Arbeiter- und Soldatenrat. 
Nach stürmischer Auseinandersetzung wird einstimmig folgender, von 
Auriol und Pressemane ausgearbeiteter Vermittlungsvorschlag an- 
genommen: Dem Nationalrat liegt einerseits die Einberufung einer Zu- 
sammenkunft in Stockholm seitens des Internat. Soz. Büros, andererseits 
eine Aufforderung der Bürger Cachin und Moutet vor, die auf Anregung 
der russischen Revolution dahin zielt, eine internat. Vollversammlung herbei- 
zuführen. Der Nationalrat beglückwünscht sich dazu, daß seine Bemühungen. 
dem gleichen Ziel dienen. Er nimmt die Anregung der russischen Kameraden 
an, schließt sich ihr völlig an und vereinigt sich mit ihnen im Verlangen 
nach einer internat. Zusammenkunft. Gleichzeitig beschließt er, eine 
  
 
	        
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