Eraunkreiq. (Juli 7.) 419
Wahnsinn der anderen bezahlt haben. (Beifall auf verschiedenen Bänlen der
Linken.) — Abg. Baudry beklagt, daß man das Oberkommando dem General
Nivelle anvertraut habe, und verlangt, daß diejenigen Minister, die die Er-
nennung Nivelles durchgesetzt haben, aus dem Kriegskomitee ausscheiden. —
Abg. Accambray verliest ein Protestschreiben an den Kammerpräsidenten,
worin dem Justizminister Viviani vorgeworfen wird, die Reise nach
Amerika als politisches Sprungbrett benutzt zu haben. A. bedauert auch,
daß Joffre, den ein Kammerbeschluß aus seinem Amt entfernt habe, nach
den Ver. Staaten geschickt worden sei. Die Ausführungen Accambrays, der
mehrmals zur Ordnung gerufen wird, veranlassen einen ungeheuren Lärm.
Nachdem Justizminister Viviani sich gegen die Anklage Accambrays ver-
teidigt hat, spricht Abg. Meunier über die Kriegsgerichte. Er wünsche
größere Milde, die Einführung eines Begnadigungsrates für Todesurteile
und eine allgemeine Amnestie für leichte Vergehen an der Front.
Nach den Erklärungen zweier weiterer Abgg. führt Kriegsminister
Painlevé aus: In den letzten vier Monaten haben wir einen der ge-
fährlichsten Abschnitte des Krieges durchschritten. Als die neue französische
Regierung ihr Amt übernahm, war Rußland von einer Lähmung befallen,
die Verrat zu erschweren drohte. Die russische Regierung hat diese Intrigen
zum Scheitern gebracht. Eine lange Zeit des Tastens war unvermeidlich
und währenddessen hatte Deutschland freie Hand. Betrachten Sie aber die
Front: Wir sind nicht um einen Meter zurückgewichen. Da wir diese
Gefahr überstanden haben und die gefährlichste Stunde hinter uns ist,
wie können wir an der Zukunft zweifeln? Nicht wir, sondern der Feind
ist zurückgewichen! Die junge russische Armee hat den männlichen Ruf
Kerenskis gehört und geht dem Sieg entgegen. In unsern Häfen landeten
ohne einen einzigen Mann Verlust die ersten Abteilungen der amerik.
Armee zur Bestürzung unfrer Feinde. In einem solchen Augenblick dürfen
wir erklären, daß unser Geschick nur von unsern seelischen Fähigkeiten ab-
hängt. Werden wir die deutsche Armee an Ort und Stelle vernichten, oder
wird sie weiter zurückweichen? Ich weiß es nicht. Weil wir aber nichts
zu befürchten haben und der Zukunft sicher sind, können wir der Wahrheit
ins Auge sehen. Gewiß, im Lauf der letzten Offensive sind schwere Fehler
begangen worden, viel zu schwere, viel zu große Verluste. Aber die ver-
antwortlichen Führer bis zum Oberkommandierenden wurden ja ihrer
Rommandos enthoben. Es wird eine Untersuchung eingeleitet werden, die
die Feststellung der Verantwortlichkeiten ermöglichen wird. Das Höchste,
aber nicht das Unmögliche von unserer Kriegsmaschine zu verlangen, das
wird künftig unsre Methode sein. Es ist diejenige unsers Chefs, der sie
seit langem schon anwendet vor Verdun und bei der Wiedereroberung des
Forts Vaux. Mit diesem Chef, mit dem General Pétain, der das Ver-
trauen der ganzen Armee genießt, und mit seiner Methode werden wir
unbesiegt und stark bleiben können, indem wir die Menschenleben schonen.
Die ganze Kammer müsse einen einigen von gleichem Geist beseelten An-
blick bieten. Unter diesen Bedingungen wird die franz. Armee mit allen
ihren Kräften bis zum vollen Sieg sich dem Gegner entgegenstellen. Unfre
Alliierten wissen, daß nichts den Willen Frankreichs beugen kann, was
auch kommen mag. Frankreich wird seine Aufgabe erfüllen. Unfre Ver-
bündeten wissen aber auch, daß unfre Armee gleichsam die Garde der
Zivilisation ist und daß ihr Blut in Strömen für diese Aufgabe fließt.
Dieser Gedanke hat mehr als jeder andre die Ver. Staaten zum Eintritt
in den Krieg veranlaßt. Die Kammer kann dessen versichert sein, daß
Frankreich nach Vereinbarung mit seinen Verbündeten in der Lage sein
wird, seine militärischen Anstrengungen mit seiner wirtschaftlichen Lage in
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