Bir Mrrrichischungarische Monarchie. (März 5.) 49
In gleicher Weise wie in der mehrerwähnten Zirkularverbalnote hat
die k. u. k. Regierung — und damit kommt sie auf die zu Beginn dieses
Aide-Meémoire erörterte Frage des verschärften U-Bootkrieges zurück —
auch in ihrer Erklärung vom 31. Jänner d. J. eine an die Adresse der
Neutralen gerichtete Warnung unter Festsetzung einer entsprechenden Frist
erlassen; ja die ganze Erklärung stellt ihrem Wesen nach nichts anderes
dar als eine Warnung des Inhalts, es möge kein Handelsschiff die in der
Erklärung genau bezeichneten Seegebiete besonren. Ueberdies sind die k. u.
k. Kriegsschiffe beauftragt, womöglich auch in diesen Gebieten etwa an-
getroffene Handelsfahrzeuge zu warnen sowie Besatzung und Fahrgäste
in Sicherheit zu bringen. Die k. u. k. Regierung ist denn auch im Besitze
zahlreicher Meldungen, daß die Mannschaften und Passagiere von Schiffen,
die in diesen Gebieten vernichtet worden sind, geborgen wurden. Für
etwaige Verluste an Menschenleben, die gleichwohl bei Vernichtung bewaff-
neter oder in Sperrgebieten angetroffener Schiffe sich ergeben sollten, ver-
mag jedoch die k. u. k. Regierung eine Verantwortung nicht zu übernehmen.
Uebrigens darf bemerkt werden, daß die österreichisch-ungarischen Tauch-
boote nur in der Adria und im Mittelmeer operieren und daß daher eine
Beeinträchtigung amerikanischer Interessen durch k. u. k. Kriegsschiffe kaum
zu besorgen ist. Es bedarf wohl nach allem, was eingangs dieses Aide-
Meémeoire ausgeführt wurde, nicht erst der Versicherung, daß die Absperrung
der in der Erklärung bezeichneten Seegebiete keineswegs der Absicht dient,
Menschenleben zu vernichten oder auch nur zu gefährden, sondern daß sie,
abgesehen vom höheren Zwecke, durch Abkürzung des Krieges der Mensch-
heit weitere Leiden zu ersparen, nur dazu bestimmt ist, Großbritannien
und dessen Verbündete, die — ohne eine rechtswirksame Blockade über die
Küsten der Zentralmächte verhängt zu haben — den Seeverkehr der Neu-
tralen mit diesen Mächten unterbinden, in die gleiche Lage der Isolierung
zu versetzen und sie durch diesen Druck einem Frieden gefügig zu machen,
der die Gewähr der Dauer in sich trägt. Daß sich Oesterreich-Ungarn hier-
bei anderer Kriegsmittel bedient als die Gegner, liegt vorwiegend an Um-
ständen, über welche den Menschen keine Macht gegeben ist. Die k. u. k. Re-
gierung ist sich aber bewußt, daß sie alles, was sie vermochte, vorgekehrt
hat, um Verlusten an Menschenleben vorzubeugen. Sie würde das mit der
Absperrung der Westmächte angestrebte Ziel am schnellsten und sichersten
erreichen, wenn in jenen Meeresteilen kein einziges Menschenleben verloren
ginge und kein einziges in Gefahr geriete.
Zusammenfassend vermag die k. u. k. Regierung festzustellen, daß die
Zusicherung, die sie dem Washingtoner Kabinett im Fall „Ancona“ gegeben
und im Falle „Persia“ erneuert hat, durch ihre Erklärungen vom 10. Fe-
bruar 1916 und vom 31. Jänner 1917 weder aufgehoben noch auch ein-
geschränkt wurde. Im Rahmen dieser Zusicherung wird sie, vereint mit
ihren Verbündeten, auch fürderhin alles daransetzen, daß die Völker der
Erde bald wieder der Segnungen des Friedens teilhaftig werden. Wenn
sie in Verfolgung dieses Zieles — das, wie ihr wohl bekannt, die volle
Sympathie des Washingtoner Kabinetts genießt — sich gezwungen sieht,
auch die neutrale Schiffohrt in gewissen Seegebieten zu unterbinden, so
möchte sie, um diese Maßnahme zu rechtfertigen, nicht so sehr auf das
Verhalten der Gegner hinweisen, das ihr nichts weniger denn nachahmens-
wert dünkt, als vielmehr darauf, daß Oesterreich-Ungarn durch die Hart-
näckigkeit und Gehässigkeit seiner auf Vernichtung bedachten Feinde in einen
Zustand der Notwehr versetzt wurde, für welchen die Geschichte kein typi-
scheres Beispiel kennt. Wie die k. u. k. Regierung Erhebung findet in dem
Bewußtsein, daß der Kampf, den Oesterreich--Ungarn führt, nicht nur der
Europäischer Geschichtskalender. LVIII " 4