62 Die I#rreichisch-mgorische Moenarchie. (März 21.)
Ministerpräsident Graf Tisza erklärt, er sei gleichfalls der Ansicht,
daß in erster Linie die eigentlichen Urheber, diejenigen, die das Bolk auf-
gehetzt haben, bestraft werden müssen. Man müsse jedoch bei Beurteilung
der Nachrichten und Informationen aus Kroatien und Slawonien sehr vor-
sichtig sein. Dadurch, daß der Bestand einer weitverzweigten großserbischen
Agitation in Kroatien und Slawonien nachgewiesen wurde, gegen welche
mit der größten Strenge vorgegangen werde, sei eine Atmosphäre geschaffen
worden, die zu Verdächtigungen und Denunziationen sehr geeignet sei und
von solchen Elementen ausgenützt werde, die aus Haß gegen Ungarn alle
zu diskreditieren suchen, die eine Verständigung mit Ungarn anstreben. Der
Ministerpräsident fordert jedermann, der konkrete Klagen vorbringen könne,
auf, diese mitzuteilen. Die Regierung und der Banus werden ihre. Pflicht
tun. Aber die Regierung sei nicht geneigt, auf Grund don auf Klatsch be-
ruhenden Denunziationen einzuschreiten.
Abg. Szmrecsänyi erklärt, bei der Besetzung Serbiens seien Schrift-
stücke aus dem Besitze des serbischen Ministerpräsidenten Paschitsch gefunden
worden, durch welche Personen kompromittiert werden, die auch zu den
Unterstützern des Grafen Tisza und des Banus gehören. Redner weist die
Kopie einer unter den Schriften Paschitsch' gefundenen Liste vor, auf welcher
als Konfidenten unter anderen die Namen folgender kroatischer Abgeordneter
angeführt werden: Spvetislav Popovic, Vecefslav Wilder, Georg Surmin,
Sergius Budisavljevic, JIwan Lorkovic und Baron Rajacic. (Letzterer, der
im Saale anwesend ist, protestiert. Auf der Linken entsteht ein großer
Lärm.) Redner erklärt fortfahrend, daß in dem vorgefundenen Bericht des
Belgrader Polizeichefs an den serbischen Kriegsminister gleichfalls Be-
rufungen auf Baron Rajacic enthalten waren. Gegenüber den Ausführungen
des Ministerpräsidenten erklärt S., daß die Abgesandten der ung. und der
kroat. Regierung, deren Aufgabe es gewesen wäre, in Belgrad in das seitens
des Militärkommandos zur Verfügung gestellte Aktenmaterial Einsicht zu
nehmen, nicht der Tätigkeit der Landesverräter nachgeforscht, sondern nach
die Justh-Partei kompromittierendem Material gesucht hätten.
Ministerpräsident Graf Tisza erklärt es für eine Fabel, daß die Ab-
gesandten der ungarischen und der kroatischen Regierung einen Auftrag
erhalten hätten, nach die Justh-Partei kompromittierendem Material zu
forschen. Die ungarische Regierung habe viel wichtigere und viel ernstere
Geschäfte zu besorgen, als sich mit solchen unwürdigen Dingen zu beschäf-
tigen. Eine ebensolche Fabel sei die Voraussetzung, als wäre die Regierung
bestrebt, etwas zu verheimlichen. Vor einigen Monaten erhielt die unga-
rische Regierung Kenntnis davon, daß in Belgrad vertrauliche Schriften
der serbischen Regierung gefunden worden seien. Die ungarische und die
kroatische Regierung haben ihre Abgesandten nach Belgrad geschickt. Die
von dort eingeholten Informationen erwiesen sich jedoch als lückenhaft.
Das interessanteste Material war die von dem wohlinformierten Abg.
Szmrecsänyi angeführte Paschitschsche Liste. Was die bei den einzelnen
Namen vorgefundenen Zahlen anbelangt, glaube der Ministerpräsident kaum.
daß diese eine andere Bedeutung hätten als einen Vermerk, betreffend weitere
Schriften, welche sich auf diese Namen beziehen. Da nun diese Informa-
tionen lückenhaft waren, hatte die Regierung weitere Schritte eingeleitet,
um in die an die Heeresleitung und andere militärischen Behörden ab-
gesendeten wichtigen Dokumente Einsicht zu erhalten. Dieses Verfahren int
nun im Zuge. Das Ergebnis der bisherigen Erhebungen in die Oeffent-
lichkeit zu bringen, wäre ein Fehler, da dies nur die Untersuchung er-
schweren oder deren Resultat beeinflussen würde.
Abg. Baron Rajacic erklärt in persönlicher Sache, daß er, als er