Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Nußland. (November 8.) 757 
Die ausländische Vertretung der Maximalisten erläßt folgende Kund- 
gebung: Arbeiter und Arbeiterinnen! In Petersburg haben am 7. Nov. die 
Arbeiter und Soldaten über die Regierung der Kapitalisten und Junker 
gesiegt. Die Gewalt befindet sich in den Händen des A.= u. S.-Rates. In 
allen Zentren der Arbeiterbewegung wird dasselbe geschehen sein in dem 
Augenblick, wo ihr diesen Aufruf lest. Die Ostseeflotte, die Armee in Finn- 
land und die große Mehrheit der Soldaten an der Front und im Hinter- 
lande steht treu zur Fahne der A.= u. S.-Regierung. Gestürzt ist die Re- 
gierung, die, auf den Ruinen des Zarismus vom Volke eingesetzt, seine In- 
teressen mit Füßen getreten hat, die ihm das Brot verteuerte, um den 
Junkern Liebesgaben zuzuschanzen, die Kriegswucherer nicht antastete, die 
den Volksmassen statt Freiheit Feldgerichte gab, die als Geißel des Entente- 
kapitals die Arbeiter und Soldaten in den Krieg immer wieder trieb, ohne 
auch versucht zu haben, Friedensverhandlungen anzubahnen. Die Arbeiter 
und Soldaten Petersburgs haben sie verjagt, wie sie den Zaren verjagt 
haben. Und ihr erstes Wort ist der Friede. Sie fordern den sofortigen 
Waffenstillstand, sofortige Friedensverhandlungen, die zu einem ehrlichen 
Frieden ohne Annexionen und Kontributionen auf Grund des Selbst- 
bestimmungsrechts der Völker führen sollen. Arbeiter und Arbeiterinnen! 
An Euch richtet sich der Ruf des roten Petersburg. Ihr, denen in die 
Augen das Gespenst des vierten Winterfeldzuges schaut, Ihr, nach deren 
Söhnen, Vätern und Brüdern es die eisige Hand ausstreckt, Ihr habt jetzt 
das Wort. Wie heldenhaft sie auch sind, die Soldaten und Proletarier 
Rußlands, sie können allein weder Brot, noch Freiheit, noch den Frieden 
erobern. Das Kapital, die Junker, die Generalität Rußlands, alle diese 
Kräfte der Ausbeutung und Unterdrückung werden alle Kräfte anstrengen, 
um die Revolution der Arbeiter und Soldaten in Blut zu ersticken. Sie 
werden versuchen, die Städte von der Zufuhr der Lebensmittel abzuschneiden, 
die Kosaken gegen sie aufzuhetzen. Gelingt ihnen das Unterdrückungswerk, 
dann werden "6b den Krieg weiterführen. Aber nicht nur von innen ist 
die Revolution Rußlands, ihr Friedenswerk bedroht. Die Regierungen der 
Zentralmächte, wie der Entente, sind ihre Feinde, weil sie das Werk der 
Befreiung der Volksmassen anbahnt. Die Zentralmächte können versuchen, 
den Bürgerkrieg in Rußland auszunützen, um durch neue Siege den er- 
löschenden Kriegswillen ihrer Völker aufzufrischen, die Ententemächte werden 
die russische Konterrevolution mit Geldmitteln unterstützen. Um Eunere 
Lebensinteressen, Proletarier aller Länder, um Euer Blut geht es. Wird 
die russische Revolution durch die gemeinsamen Kräfte des russischen wie 
des ausländischen Kapitals niedergemacht, dann werden die Kapitalisten 
Euch solange von einem Kriegsfeld aufs andere schleppen, bis Ihr ver- 
blutet. Schließt Euch der russischen Revolution an! Nicht zu Sympathie- 
kundgebungen, zum Kampfe rufen wir Euch auf! Steht auf, geht auf die 
Straßen, laßt die Fabriken stehen, übt mit allen Mitteln und aus allen 
Kräften Druck. Es darf keinen vierten Winterfeldzug geben, es darf kein 
Schuß mehr fallen, es müssen sofort die Friedensverhandlungen beginnen. 
Traut keinen Friedensphrasen, beurteilt jede Regierung danach, ob sie 
sofortigen Waffenstillstand auf allen Fronten, ob sie sofortige Friedens- 
verhandlungen anerkennt, ob sie sich zum Frieden ohne Annexionen und 
Kontributionen, auf Grund des Selbstbestimmungsrechts der Völker bekennt. 
Bildet überall A.= u. S.-Räte als Organe Eures Kampfes um den Frieden! 
Wir berufen die Vertreter aller Parteien, die diesen Kampf führen wollen, 
zu einer sofortigen Konferenz nach Stockholm. Fordert ungestüm Pässe für 
die Delegierten, fordert die Befreiung der eingekerkerten Genossen, die das 
Vertrauen des internationalen Proletariats genießen, damit sie an der 
 
	        
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