Die österreichisch-ungarische Monarchie und die Nachfolgestaaten. (Nov. 22.) 113
lungsgebieten anderer Nationen eingeschlossenen, allein oder überwiegend
von Deutschen bewohnten oder verwalteten Sprachinseln, Städte, Gemeinden
und Ortschaften der im Reichsrate vertreten gewesenen Königreiche und
Länder bleiben bis zur verfassungs= und völkerrechtlichen Sicherstellung
ihrer politischen und nationalen Rechte unter der Hoheit der Republik
Deutschösterreich als ihr Rechtsbereich. Sie behalten ihre bisherige Ver-
tretung in der Prov. Nationalversammlung und bleiben den Gesetzen und
Behörden von Deutschösterreich unterstellt. 3. Der Staatsrat gibt bekannt,
welche Gerichtsbezirke, Städte, Gemeinden und Ortschaften zu diesem Rechts-
bereich gehören. 4. Das Industriegebiet im äußersten Norden Ost-Mährens
und Ost-Schlesiens, einschließlich der Sprachinsel Bielitz-Biala, bilden
mit ihrem Bergbau und ihrer Industrie ein einheitliches Wirtschaftsgebiet,
auf das die Staaten Deutschösterreich, der tschecho-slowak. Staat und der
poln. Staat gleichermaßen Anspruch haben, zumal es auch durch seine Eisen-
bahnen und Wasserstraßen für jeden von ihnen die größte Bedeutung hat.
Schon hierdurch ist der zwischenstaatliche Charakter dieses Gebietes fest-
gestellt. Deshalb ist dieses einheitliche Wirtschaftsgebiet als zwischenstaat-
liches Verwaltungsgebiet der drei Staaten mit einer von ihnen zu ver-
einbarenden zwischenstaatlichen Verwaltung völkerrechtlich zu gestalten; diese
Forderung vertritt der Staat Deutschösterreich schon jetzt und für den
Friedensschluß. Inzwischen behält dieses Gebiet seine bisherige Vertretung
in der Prov. Nationalversammlung und bleibt den bisherigen Gesetzen und
Behörden unterstellt. 5. Die geschlossenen deutschen Siedlungsgebiete der
Komitate Preßburg, Wieselburg, Oedenburg und Eisenburg
gehören geographisch, wirtschaftlich und national zu Deutschösterreich, stehen
seit Jahrhunderten in innigster wirtschaftlicher und geistiger Gemeinschaft
mit Deutschösterreich und sind insbesondere der Stadt Wien zur Lebens-
mittelversorgung unentbehrlich. Darum muß bei den Friedensverhandlungen
darauf bestanden werden, daß diesen deutschen Siedlungen das gleiche Selbst-
bestimmungsrecht zuerkannt werde, das nach wiederholten Erklärungen der
ung. Regierung allen anderen Völkern Ungarns eingeräumt ist. 6. Die in
den Ländern der ung. Krone gelegenen deutschen Sprachinseln sowie in
Siedlungsgebiete eingestreute Städte und Gemeinden samt ihren deutschen
Bewohnern, aber auch alle deutschen Minderheiten in den auf den Gebieten
Oesterreich--Ungarns neugegründeten Nationalstaaten überhaupt gehören kraft
der unzerstörbaren Volksgemeinschaft und kraft ihrer bisherigen mehrhundert-
jährigen Reichsgemeinschaft zum nationalen Interessenbereich des Staates
Deutschösterreich. Er wird sich bemühen, ihren Bestand, ihre Zukunft und
ihre nationalen Beziehungen zu Deutschösterreich völkerrechtlich zu sichern.
7. Kraft der seit undenklicher Zeit bestehenden Verkehrs= und Handels-
beziehungen, die das Land über den Karst und die Alpenpässe mit der
Adria und die Donau abwärts mit dem Balkan und dem nahen Orient
verknüpfen, die aber zurzeit bedroht sind, erklärt der Staat Deutschösterreich
die volle Freiheit der Handels= und Verkehrswege, die diesen Beziehungen
dienen, für eine seiner Lebensnotwendigkeiten und erwartet, daß der Friedens-
schluß diesen wirtschaftlichen und kulturellen Interessenbereich Deutschöster-
reichs anerkenne. Der Staatsrat und alle ihm untergeordneten Behörden und
Aemter sind angewiesen, nach diesen Grundsätzen das innerstaatliche Leben
zu ordnen und die notwenigen völkerrechtlichen Abmachungen zu treffen.
22. Nov. (Ungarn.) Wahlgesetz.
Die Regierung veröffentlicht das von ihr ausgearbeitete Volksgesetz
über das Wahlrecht für die Nationalversammlung sowie über das
Munizipal-- und das Gemeindewahlrecht. Danach gebührt das Wahlrecht
Europälischer Geschichtskalender. LIX#.84 8