Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

146 Ersßbritannien. (Jan. 5.) 
des türkischen Reiches in der Heimat der türk. Rasse mit Konstantinopel 
als Hauptstadt in Frage stellen wollen, sind Arabien, Armenien, Meso- 
potamien, Syrien und Palästina, wenn die Turchfahrt zwischen dem 
Schwarzen und dem Mittelländischen Meer internationalisiert und neutrali- 
siert ist, unserem Urteil gemäß berechtigt, eine Anerkennung ihrer besonderen 
nationalen Bedingungen zu erhalten. Welche Form diese Anerkennung in 
jedem einzelnen Fall annehmen soll, braucht hier nicht erörtert zu werden, 
außer der Erklärung, daß es unmöglich sein würde, die Länder, die ich 
schon erwähnt habe, unter die frühere Souveränität zurückzugeben. Es 
wurde viel über die Vereinbarungen, die wir mit unseren Verbündeten 
über diese und andere Gegenstände eingegangen sind, gesprochen. Ich kann 
nur sagen, daß, wenn neue Umstände, wie der russ. Zusammenbruch und 
die russ. Sonderverhandlungen, die Bedingungen verändern, unter denen 
unsere Vereinbarungen gemacht wurden, wir immer bereit waren, sie mit 
unseren Verbündeten zu besprechen. 
Was die deutschen Kolonien anbelangt, so habe ich wiederholt 
erklärt, daß sie zur Verfügung der Konferenz gehalten werden, deren Ent- 
schließung in erster Linie Rücksicht auf die Wünsche und Interessen der 
eingeborenen Bewohner dieser Kolonien nehmen muß. Keines dieser Ge- 
biete ist von Europäern bewohnt; daher muß das Hauptgewicht darauf ge- 
legt werden, daß in allen diesen Fällen die Einwohner einer ihnen an- 
nehmbaren Verwaltung unterstellt werden, deren Hauptaufgabe es sein 
wird, ihre Ausnützung im Interesse der europäischen Kapitalisten zu ver- 
hindern. Die Eingeborenen leben als verschieden organisierte Stämme unter 
Häuptlingen und Räten, die befugt sind, sich zu beraten und für ihre 
Stämme und deren Mitglieder zu sprechen, um deren Wünsche und Inter- 
essen in betreff dessen, was mit ihnen geschehen soll, zu vertreten. Die all- 
gemeinen Grundsätze der nationalen Selbstbestimmung sind daher in ihren 
Fällen ebenso wie in denen der besetzten europäischen Gebiete anwendbar. 
Die deutsche Erklärung, daß die Eingeborenen in den deutschen Kolonien 
durch ihre bisherige Treue während des Krieges Anhänglichkeit und den 
Entschluß gezeigt haben, unter allen Umständen bei Deutschland zu bleiben, 
ist nicht auf die deutschen Kolonien im allgemeinen anzuwenden, sondern. 
nur auf eine davon, und in diesem Falle (Deutsch-Ostafrika) haben sich die 
deutschen Behörden die Anhänglichkeit der eingeborenen Bevölkerung, die 
eine tiefe Abneigung gegen die Deutschen hat, nicht gesichert, sondern nur 
die einer kleinen, militärischen Klasse, aus der sie ihre Soldaten oder Askaris 
genommen haben. 
Schließlich muß eine Gutmachung des in Vergewaltigung des inter- 
nationalen Rechtes verübten Schadens eintreten. Die Friedenskonferenz 
darf nicht unsere Seeleute und die Dienste vergessen, die sie der gemein- 
samen Sache der Freiheit geleistet, sowie die Gewalttätigkeiten, unter denen 
sie gelitten haben. Eine Unterlassung, die wir in dem Angebote der Mittel- 
mächte bemerkt haben und die uns besonders bedauernswert erscheint, ist, 
daß es wünschenswert, ja tatsächlich wesentlich ist, daß der herbeigeführte 
Zustand nach dem Krieg ein solcher sei, der nicht wieder den Keim für 
einen künftigen Krieg in sich trägt. Aber das ist nicht alles. Wie klug und 
gut wir auch Vereinbarungen über Gebiete und andere Gegenstände treffen 
mögen, es werden viele Gegenstände für eine internationale Aussprache 
übrig bleiben. Einige sind tatsächlich unvermeidlich. Die wirtschaftlichen 
Zustände am Ende des Krieges werden in höchstem Maße schwierig sein, 
was auf die Ablenkung der menschlichen Arbeit zu kriegerischen Zwecken 
zurückzuföhren ist. Es wird auf der ganzen Welt eine Knappheit an Roh- 
materialien eintreten, die immer größer wird, je länger der Krieg dauert,
	        
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