Grsßbritannien. (Mai 9.—16.) 181
der zum Oberrichter am Appellationsgerichtshof ernannt wird. Der Rück-
tritt Lord Wimbornes und Dukes ist durch Meinungsverschiedenheiten mit
Lloyd George wegen seiner irischen Politik veranlaßt. Die Ernennung
Frenchs (bis Dez. 1915 engl. Oberbefehlshaber in Nordfrankreich) zum Vize-
könig bedeutet die Militärdiktatur in Irland. (S. S. 184 f.)
9. Mai. (Unterhaus.) Brief des Generals Maurice.
Generalmajor Sir Frederick Maurice, der bis vor kurzem Direktor
der militär. Operationen beim Gr. Generalstab war und jetzt im aktiven
Dienst steht, hat am 7. an die engl. Presse eine Zuschrift gerichtet, worin
er Lloyd George und Bonar Law beschuldigt, im Unterhause irreführende
Erklärungen über die Ausdehnung der britischen Front und die Gesamt-
stärke der britischen Streitkräfte im Westen abgegeben zu haben. Im Gegen-
satz zu dem Regierungsvorschlag, zwei Richter als Ehrengerichtshof mit der
Untersuchung zu betrauen, stellt Asquith einen Antrag auf Einsetzung
einer parlament. Sonderkommission zur Untersuchung der in dem Briefe
des Generals Maurice enthaltenen Angaben, wobei er betont, dieser An-
trag bedeute keineswegs, wie in der Oeffentlichkeit angenommen werde, ein
Mißtrauensvotum für die Regierung. Nachdem Premierminister Lloyd
George eine längere Verteidigungsrede (s. „Nordd. Allg. Ztg.“ 1918 Nr. 237)
gehalten hat, wobei er erklärt, die Regierung habe sich, da es klar geworden,
daß keine Entscheidung irgendeines geheimen Gerichtshofes angenommen
werden würde, entschlossen, die Tatsachen der Oeffentlichkeit zu übergeben
und die Oeffentlichkeit urteilen zu lassen, wird der Antrag Asquith mit
293 gegen 106 Stimmen abgelehnt. — Die Ablehnung bedeutet einen Sieg
des Kabinetts Lloyd George; immerhin ist es kennzeichnend, daß zum ersten-
mal der Führer der Opposition und die ganzen vordern Bänke bei einer
Vertrauensfrage gegen die Regierung stimmten. — Am 11. wird amtlich
aus London gemeldet, daß Generalmajor Maurice pensioniert worden ist.
11. Mai. Völkerbundsprogramm Greys.
Viscount Grey veröffentlicht eine Broschüre, betitelt „Der Völker-
bund", worin er für die Bildung eines Völkerbundes zur Sicherung eines
Weltfriedens beim Friedensschluß eintritt und erklärt, daß ohne die Be-
seitigung der deutschen Militärpartei die Aufnahme Deutschlands in den
Bund nicht zu verwirklichen sei. Denn die Oberherrschaft eines einzigen
Landes könne nicht den Frieden sichern und die deutsche Idee einer Siche-
rung des Weltfriedens durch Gewalt sei unausführbar. Dagegen müßten
die Alliierten die Idee einer Sicherung des Friedens durch gegenseitige
Rücksichtnahme auf die Rechte eines jeden Staates vertreten. Wenn die-
jenigen, welche diese Idee und diese Art Frieden annehmen, in Wort und
Tat für Deutschland maßgebend sind, dann erst sei ein guter Friede in
Sicht. (Den Originaltext s. bei Niemeyer-Strupp, Jahrb. des Völkerrechts
Bd. VI S. 289 ff.)
13. Mai. (Unterhaus.) Verhältniswahl.
Der von dem am C6. Febr. (s. S. 153) eingesetzten Ausschusse aus-
gearbeitete Vorschlag betr. Anwendung des Grundsatzes der Verhältnis-
wahl in 100 Wahlkreisen wird mit 166 gegen 110 Stimmen abgelehnt.
16. Mai. (Unterhaus.) Brief Kaiser Karls.
Der ehem. Handelsminister Runciman richtet an Balfour folgende
Fragen wegen des Briefes Kaiser Karls (s. S. 27): Ist dieser Brief, nach-
dem er der franz. Regierung und durch sie dem engl. Premierminister vor-
gelegt war, noch andern Bundesgenossen mitgeteilt worden? Ist die amerik.