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Ungarns, innere Zerstückelung zum Zwecke der Bildung neuer Staatswesen.
Sachlich stehen zwischen den kriegführenden Parteien eigentlich nur die
Ziele territorialer Natur. Für Gerechtigkeit, Freiheit, Ehre, Völkerfrieden
und Gleichberechtigung als Gebote einer zeitgemäßen politischen Auffassung
wollen wir uns selbst einsetzen. Auch besteht in diesen allgemeinen Grund-
sätzen kaum ein Unterschied. Auch den neuen vier Punkten Wilsons werden
wir warm zustimmen können. Wir sind immer bereit, mit allen Feinden
in Friedensverhandlungen einzutreten. Sühne für getanes Unrecht können
wir ihnen gegenüber mit viel mehr Recht verlangen; denn wir sind die
Angegriffenen. Ueber das Bündnis mit Deutschland sagt B.: Die ins
Gemeinbewußtsein gedrungenen Erfahrungen aus langer Bündniszeit ver-
anlassen uns zu einem Ausbau des Bündnisses streng im Geiste des alten
Vertrages im Einklang mit den Wünschen der überwiegenden Massen der
Völker nach befriedigender Lösung aller aus dem Kriege entstandenen
Fragen. Der neue Bündnisvertrag soll die vielfachen wirtschaftlichen, mili-
tärischen und sonstigen Beziehungen den geänderten Verhältnissen anpassen
sowie die mit der Wiedergeburt Polens zusammenhängenden Fragen unter
Nücksichtnahme auf die Wünsche der Bevölkerung lösen; und über den Ver-
handlungen schwebt als oberster Grundsatz die Souveränität, die volle
Parität und Unabhängigkeit der vertragschließenden Mächte. Das Bündnis
soll auch fernerhin gegen niemand eine Bedrohung oder Unfreundlichkeit
bedeuten. Am Schlusse bekräftigt der Minister die friedliche Gesinnung
der Monarchie, aber auch den festen Willen zum Durchhalten. (Den voll-
ständigen Wortlaut der Mitteilung s. in der „Wiener Ztg.“ 1918 Nr. 160.)
15. Juli. Gründung der „Reichspartei“ des österr. Herrenhauses.
In dem Parteiprogramm wird erklärt, die Reichspartei erblicke
ihr oberstes Ziel in der kräftigen Forderung aller Bestrebungen, durch die
der österr. Staat einer stets wachsenden Entfaltung der in ihm gelegenen
kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Kräfte zugeführt werden soll, zu
welchem Zwecke vor allem eine unmittelbar aus dem österr. Staatsgedanken
eingeleitete Neugestaltung der Verfassung und der Verwaltungseinrichtungen
anzustreben wäre.
16.—19. Juli. (Osterr. Abg.-Haus.) Wiederbeginn der
Sitzungen, Budgetprovisorium, v. Seidler über die politische Lage-
Nach der Begrüßungsansprache des Präsidenten Groß beschließt das-
Haus mit Zweidrittelmehrheit, sofort die erste Lesung des von der Re-
gierung vorgelegten sechsmonatigen Budgetprovisoriums zu beginnen
in Verbindung mit der Verhandlung dringlicher Anfragen über verschiedene-
Vorkommnisse der letzten Zeit in der inneren und äußeren Politik sowie-
über Ernährungsangelegenheiten.
Zunächst erhält das Wort Ministerpräsident Dr. v. Seidler, der hin-
sichtlich der auswärtigen Lage auf die am gleichen Tage (s. o.) veröffent-
lichten Darlegungen des Ministers des Aeußern verweist und sodann ein-
gehend die Ernährungsverhältnisse bespricht. In Besprechung der inneren
Politik erinnert er an sein ursprüngliches Programm, welches den poli-
tischen Waffenstillstand anstrebe. In der Hoffnung auf große nationale
Vorteile, die sich aus den Friedensbedingungen ergeben könnten, versagten
einzelne Parteien konsequent die Mitwirkung am Werke der inneren poli-
tischen Verständigung. S. erinnert an die Weigerung des Tschechenklubs,
an der Verfassungsrevision teilzunehmen, und erklärt: Wenn die Regierung.
sich nicht dem Vorwurf der politischen Passivität aussetzen wollte, mußte-
sie dasjenige tun, was sie tun konnte, nämlich ein Programm der nationalen