534 Bulgarien. (Olt. 3.)
beiten herab und erkläre die vierte außerordentliche Session der 17. ordent-
lichen Nationalversammlung für eröffnet. Es lebe Bulgarien!
Nach Verlesung der Thronrede folgt die übliche kurze gottesdienstliche
Handlung, worauf Ministerpräsident Malinow vorschlägt, daß die So-
branje sich bis 4. vertagen möge, damit er vor den Vertretern der Nation
eine erschöpfende Darstellung über die allgemeine Lage und namentlich über
die behufs des Abschlusses eines Waffenstillstandes und des Friedens ein-
geleiteten Verhandlungen geben könne. — Die Versammlung nimmt diesen
Vorschlag an, worauf die Sitzung geschlossen wird.
Die einstimmige Annahme des Vorschlages des Ministerpräsidenten
auf vorläufige Vertagung der Sigungen wird in der bulg. Presse und in
den politischen Kreisen als unbestreitbares Zeichen dafür gedeutet, daß sich
die Volksvertretung einig um die Regierung schart, die alle notwendige
Unterstützung finden wird, um das Friedenswerk zu gutem Ende zu führen.
3. Okt. Abdankung des Königs Ferdinand, Thronbesteigung
seines Sohnes Boris.
Das von König Ferdinand erlassene Manifest hat folgenden Wort-
laut: Bulgaren! In Anbetracht des Zusammenwirkens von Umständen, die
im Königreich eingetreten sind und die von jedem guten Bürger bis zur
Selbstaufopferung gehende Opfer für das Wohl unseres teuren Vaterlandes
heischen, möchte ich das erste Beispiel der Selbstaufopferung geben und trotz
der heiligen Bande, die seit 32 Jahren mich so fest an dieses Land geknüpft
haben, für dessen Gedeihen und Größe ich alles gegeben habe, was in meinen
Kräften lag, habe ich beschlossen, auf den Königsthron der Bulgaren zu-
gunsten meines erstgeborenen Sohnes Sr. kgl. Hoheit des Erbprinzen Boris
von Tirnowo zu verzichten. Indem ich diese Entschließung meinem viel-
geliebten Volk ankündige, richte ich an alle treuen Untertanen und wahren
Patrioten die Aufforderung, sich wie ein Mann um den Thron des Zaren
Boris, dessen Name mit so vielen großen Werken der Geschichte des alten
bulgarischen Königreiches verknüpft ist, zu scharen, um das Vaterland aus
der schwierigen Lage zu führen und Bulgarien von neuem zu jener Höhe
zu erheben, die ihm vom Schicksal bestimmt ist. Indem ich vom teuren
Bulgarien mit tiefer Trauer in der Seele scheide, drücke ich dem ganzen
bulg. Volke meine Dankbarkeit für die Unterstützung aus, die es mir im
Laufe meiner Regierung geliehen hat. Möge der Allmächtige wachsamen
Auges die Geschicke des bulgarischen Volkes lenken und es einer glänzenden
und sicheren Zukunft entgegenführen.
Das Manifest des Königs Boris hat folgenden Wortlaut: Bulgaren!
Durch ein vom Heutigen datiertes Manifest hat mein vielgeliebter Vater
seinen Verzicht auf den Thron zu meinen Gunsten erklärt und durch das
große Opfer, das er mit seiner Person den höchsten Interessen der Nation
brachte, ein Beispiel unwandelbarer Liebe zu Bulgarien gegeben. Ich tue
dem bulg. Volke zu wissen, daß ich mit dem heutigen Tage den Thron der
bulg. Zaren unter dem Namen Boris III. besteige. Geboren auf dem schönen
bulg. Boden, ein Kind des orthodoxen Glaubens, erzogen inmitten meines
geliebten Volkes, mit dem ich die Freude über seine glänzenden Leistungen
und seinen unausgesetzten Fortschritt geteilt habe, stets beseelt von seinen
Idealen und durchdrungen von dem demokratischen Geiste, der sich ebenso-
wohl in seinen traditionellen Kämpfen für seine Freiheit und Unabhängigkeit
geäußert hat wie in allen seinen öffentlichen und sozialen Einrichtungen,
erkläre ich feierlich, daß ich die Verfassung achten und mit Treue und Selbst-
verleugnung dem Lande dienen werde, zum Wohl und Gedeihen der Nation.
Gestützt auf den nationalen Willen und im Vertrauen auf den Schutz des