Rumäanien. (Juni 28. —Juli 11.) 543
28. Juni. (Kammer.) Die Kammer nimmt den Friedens-
vertrag mit 165 gegen 4 Stimmen an.
Gegen die Friedensbedingungen sprechen sich nur die Abg. Trancu
(Arbeiterp.), der erklärt, daß er sich der Abstimmung enthalten werde,
Vagaunescu, Codreanu, Cuza sowie General Averescu aus, der
erklärt, daß er zwar als erster das Wort „Frieden“ an der Front aus-
gesprochen habe, aber den jetzt abgeschlossenen Frieden nicht anerkennen könne.
29. Juni. (Kammer.) Die Antwortadresse auf die Thronrede
wird einstimmig angenommen. — Am gleichen Tage nimmt auch
der Senat die Antwort auf die Thronrede an.
In der Antwort der Kammer auf die Thronrede heißt es: Das Haus-
ist überzeugt, daß Rumänien in der vielgeprüften Lebenskraft, in der Vaterlands-
liebe und in dem Aufopferungsgeist seines Volkes die Kraft zum Leben und
Fortschritt finden wird. Von dem Wunsche beseelt, sich künftig der Früchte
des Friedens zu erfreuen, sieht das Land im Entgegenkommen der Mächte,
mit denen wir Frieden geschlossen haben, eine Brücke zur Wiederherstellung
der früheren freundlichen Beziehungen. Durch den Friedensvertrag ist
Rumänien ein neutraler Staat geworden und diese Stellung wird ihm.
gestatten, die guten internationalen Beziehungen zu den anderen Staaten
aufrecht zu erhalten. Ebenso wünscht es mit den neugebildeten Staaten,
die auf Grund der Nationalitätenprinzipien geschaffen wurden, in gute
nachbarliche Beziehungen zu treten. Alsdann kommt die Antwort auf die
Wiederherstellung der Landesfinanzen, auf die Verwaltungs-, Gerichts-,
Unterrichts- und Wahlreformen, sowie auf die Aenderung der Konstitution,
die zur Wiederaufrichtung des Landes für nötig gehalten werden und
durchgeführt werden sollen. Zum Schluß werden dem König Sympathie-
kundgebungen dargebracht.
3. Juli. In der Moldau und in Beßarabien wird der Gre-
gorianische Kalender eingeführt.
4. Juli. (Senat.) Der Senat nimmt einstimmig den Friedens-
vertrag an.
In der Debatte protestiert Senator Dr. Gerota gegen die für den
Krieg Verantwortlichen und sagt: Wir müssen auch gegen König Ferdinand.
protestieren, der das Treiben und die Intrigen Bratianus nicht hätte dulden
dürfen. Wäre er energischer gewesen, wäre es nicht zum Kriege gekommen.
G. erklärt, daß er nicht antidynastisch sei, er hoffe aber, daß der Dynastie
das Geschehene als Lehre für die Zukunft diene. — Ministerpräsident
Marghiloman erwidert, daß der König verfassungsgemäß nicht regiert,
sondern herrscht und für das von der ganzen liberalen Partei und einem
Teil der kons. Partei angestiftete Werk nicht verankwortlich gemacht werden
könne. M. dementiert hierauf das Gerücht, daß die Mittelmächte jemals
die Opferung der Dynastie verlangt hätten.
7. Juli. Postvertrag mit Deutschland. (S. Tl. 1 S. 234).
11. Juli. (Kammer.) Anklage gegen das Kabinett Bratiann.
Abg. Georg Stroici verliest unter stürmischem Beifall den aus dem
Parlament hervorgegangenen Antrag auf Erhebung der Anklage gegen die
Regierung, die Rumänien in den unheilvollen Krieg verwickelt hat. Der
Antrag ist von 80 Abg. unterzeichnet. Dem Gesetz entsprechend wird die
Anklage nach fünf Tagen, d. h. am 17. Juli, auf die Tagesordnung der