794 Auhang I. Biplematiscte Enthũlnngen.
dem Botschafter Grafen Mensdorff und dem General Smuts eine von der
engl. Regierung im Unterhaus zugegebene Unterredung stattgesunden hat,
die aber nicht einige Minuten, sondern in mehreren Zusammenkünften einige
Stunden dauerte. Wenn Herr Clemenceau den k. u. k. Minister des Aeußern
fragt, ob er sich erinnere, daß zwei Monate vor der Unternehmung Reverteras,
„also vor etwa Jahresfrist“, ein Versuch der gleichen Art durch eine im
Rang weit über ihm stehende Persönlichkeit gemacht worden sei, so nimmt
Graf Czernin keinen Anstand, dies zu bejahen, wobei der Vollständigkeit
und der vollen Korrektheit halber noch beizufügen ist, daß dieser Versuch
gleichfalls zu keinem Ergebnis geführt hat. Soweit die Feststellung der Tat-
sachen. Im übrigen sei nur bemerkt, daß Graf Czernin seinerseits keinen
Grund sehen werde, es abzuleugnen, wenn er in diesem oder in einem
ähnlichen Falle die Initiative ergriffen hat, da er — im Gegensatz zu
Herrn Clemenceau — glaubt, daß es kein Vorwurf für eine Regierung
sein kann, Versuche zur Herbeiführung eines alle Völker von den Schreck-
nissen des gegenwärtigen Krieges befreienden ehrenvollen Friedens zu unter-
nehmen. Durch die von Herrn Clemenceau aufgeworfene Streitfrage ist
übrigens die Aufmerksamkeit von dem eigentlichen Kernpunkt der Aeußerungen
des Grafen Czernin abgelenkt worden. Das Wesentliche daran war nicht
so sehr, wer die Besprechungen vor Beginn der Westoffensive angeregt, son-
dern wer sie zerschlagen hat, und das hat Herr Clemenceau bisher nicht
geleugnet, daß er sich geweigert hat, auf der Basis des Verzichts auf einen
Rückerwerb Elsaß-Lothringens in Verhandlungen einzutreten.
Am 9. gibt darauf das franz. Ministerratspräsidium folgendes
Kommuniqué aus: Auch eine verwässerte Lüge bleibt eine Lüge. Die Lüge
Czernins besteht darin, daß er gesagt hat, Clemenceau habe ihn einige Zeit
vor Beginn der Offensive fragen lassen, ob er bereit sei, in Verhandlungen
einzutreten und auf welcher Basis. Clemenceau hat dieser Behauptung jenen
Passus aus der handschriftlichen Note Reverteras gegenübergestellt, wo es
heißt, es handle sich für Oesterreich--Ungarn darum, „von Frankreich Friedens-
vorschläge zu erhalten“. Dieser Text des Bittstellers ist authentisch, und
Czernin hat es nicht gewagt, ihn zu bestreiten. Um seine Bestürzung zu
verschleiern, versucht er zu behaupten, die Unterredungen seien auf Wunsch
Clemenceaus wieder ausgenommen worden. Zum Unglück für ihn ist nun
aber eine Tatsache vorhanden, welche genügt, um seine Darstellung zu
widerlegen, nämlich die, daß Clemenceau mit dieser Angelegenheit am
18. Nov. 1917, also am Tage nach Uebernahme des Kriegsministeriums
durch ihn, befaßt wurde, und zwar durch die Mitteilung eines Mittels-
mannes, die vom 10. Nov. datiert ist, die also für seinen Amtsvorgänger
bestimmt war. Czernin könnte also nur dann die Wahrheit gesagt haben,
wenn Clemenceau in dieser Sache die Initiative ergriffen hätte, bevor er
Ministerpräsident war. So sieht sich Graf Czernin nach der persönlichen
Widerlegung auch durch die Tatsachen kategorisch dementiert. So bleibt
ihm nichts übrig, als die Behauptung aufzustellen, Armand sei der Ver-
trauensmann Clemenceaus gewesen. Nun hat aber Clemerceau diesen Offizier
bis zu dem fraglichen Zwischenfall nur einmal fünf Minuten lang gesehen,
und das ist 15 oder 20 Jahre her. So bleibt Czernin endlich als letztes
Auskunftsmittel nur die Behauptung übrig, daß die Herrn Clemenceau an-
gedichtete Aktion ohne Wichtigkeit sei. In Wirklichkeit handle es sich, so
versichert er, nicht so sehr darum, zu wissen, wer die Initiative zu den
Besprechungen vor Beginn der Offensive an der Westfront ergriffen, sondern
wer sie zerschlagen habe. Warum also all dieser Lärm? Etwa um fest-
zustellen, daß jede franz. Regierung, ebenso wie Frankreich selbst, in der
els.-lothr. Frage keine Nachgiebigkeit kennt? Wer hätte geglaubt, daß man