Die Nerreiczisch-u#gerische Monarchie und die Nachfolzestanten. (Okt. 30.) 93
und ihre Durchführung zu erzwingen. — Abg. Dr. Freißler macht Mit-
teilung von der heute erfolgten Konstituierung Nord-Mährens und Schlesiens
als selbständige deutschösterreichische Provinz „Sudetenland“". — Abg.
Waber stimmt namens der deutschnat. Partei dem Verfassungsentwurfe
zu, hätte jedoch gewünscht, daß eine dauernde Verfassung vorbehaltlich der
späteren Entscheidung des Volkes geschaffen werde. — Abg. Hummer
(Deutsch. Unabh.) beantragt, sich an das Deutsche Reich zum Schutze des
deutschösterr. Staatsgebietes zu wenden. Weiter stellt er den Antrag, daß
von heute an alle deutschösterreichischen Angehörigen der Wehrmacht der
ausschließlichen Befehlsgewalt des deutschösterr. Staates und seiner Beauf-
tragten unterstellt werden. Der erste Antrag wird, als nicht zur Verhand-
lung gehörig, als selbständiger Antrag behandelt werden. Der zweite An-
trag wird dem Vollzugsausschusse zugewiesen. — Berichterstatter Dr. Renner
erklärt in seinem Schlußworte, die Frage der Dynastie sei vom Vollzugs-
ausschuß absichtlich nicht zur Erörterung gebracht worden. Der Vollzugs-
ausschuß sei der Anschauung, daß Dynastie, Hofstaat und alles, was staats-
rechtlich dazugehört, zu jenen Angelegenheiten zähle, die allen Nationen
gemeinsam seien, die Entscheidung über diese Gemeinsamkeiten liege nicht in
der Hand des deutschösterr. Volkes allein, sondern aller Völker.
Sodann wird der Verfassungsentwurf einstimmig angenommen. Ebenso
eine Resolution des Berichterstatters betreffend die Bildung der Nationalgarden.
Der Verfassungsentwurf umfaßt 17 Paragraphen, deren wesent-
lichste Bestimmungen besagen: Vorbehaltlich der Beschlüsse der konstituieren-
den Nationalversammlung wird einstweilen die oberste Gewalt des Staates
Deutschösterreich durch die auf Grund des gleichen Wahlrechtes aller Bürger
gewählte Prov. Nationalversammlung ausgeübt. Die gesetzgebende Gewalt
wird von der Prov. Nationalversammlung selbst ausgeübt. Die §8 3 und 4
betreffen die Einsetzung des Vollzugsausschusses, welcher die Bezeichnung
„Deutschösterreichischer Staatsrat“ führen und sich aus den drei
Präsidenten, 20 Mitgliedern und ebensoviel Ersatzmännern, die verhältnis-
mäßig gewählt werden, zusammensetzt. Die Präsidenten, der Leiter der
Kanzlei, der für die Führung des Staatsratsprotokolles verantwortlich ist,
und der Notar des Staatsrates, der die Ausfertigungen des Staatsrates
beurkundet, bilden das geschäftsführende Staatsratsdirektorium. Die Prä-
sidenten vertreten den Staatsrat nach außen sowie vor den Staatsbürgern
und vor den Vertretern anderer Staaten und Nationen. Der Staatsrat
bereitet die Vorlagen an die Nationalversammlung vor, beurkundet deren
Beschlüsse, macht sie kund und erläßt die nötigen Vollzugsanweisungen. Er
führt die Geschäfte nicht unmittelbar, sondern durch Beauftragte, die in
ihrer Gesamtheit die Staatsregierung bilden. Der § 9 betrifft die Verant-
wortlichkeit der Beauftragten im Sinne des bestehenden Ministerverantwort-
lichkeitsgesetzes. Jedem Beauftragten ist ein Staatsamt unterstellt. Der Be-
auftragte führt als Vorsteher dieses Staatsamtes den Titel Staatssekretär.
Einstweilen werden folgende Staatsämter eingerichtet: Staatsamt des
Aeußern mit der Zuständigkeit des bisherigen Ministeriums des Aeußern
und mit dem Auftrag und der Vollmacht, auch die auswärtigen Beziehungen
zu den auf dem Boden der bisherigen österr.-ung. Monarchie entstehenden
souveränen nationalen Staaten zu regeln und zu pflegen. Ein Staatsamt
für Heerwesen (umfassend Kriegs- und Landesverteidigungsministerium), für
Inneres, Unterricht, Justiz, Finanzen, Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie
und Handel, öffentliche Arbeiten, Verkehrswesen, Volksernährung, soziale
Fürsorge, Volksgesundheit sowie Kriegs- und Uebergangswirtschaft. Der
Staatsrat betraut einen der Staatssekretäre mit dem Vorsitz in der Staats-
regierung. § 16 besagt: Insoweit Gesetze und Einrichtungen, die jetzt in