Grundsätze
vom Scha-
densersaye
überhaupt.
294 Erster Theil. Sechster Titel.
§. 4. Ein Schade, dessen Entstehen aus der Handlung oder Unterlassung gar
nicht vorausgesehen werden konnte "), wird im rechtlichen Sinne zufällig genannt.
§. 5. Vortheile, die Jemand erlangt haben würde, wenn eine gewisse Hand-
Lung vorr Unterlassung nicht vorgefallen wäre, werden zum entgangenen Gewinn
erechnet 5).
8 §. 6. Doch wird bei Bestimmung des entzogenen Gewinnes nur auf solche Vor-
theile, die entweder nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge und der Geschäfte des bür-
gerlichen Lebens, oder vermöge gewisser schon getroffener Anstalten und Vorkehrungen,
vermünftiger Weise erwartet werden konnten, Rücksicht genommen 5).
8. 7. Zu einer vollständigen Genugthuung gehört der Ersatz des gesammten
Schadens und des entgangenen Gewinnes.
§. 8. Wer Jemandem ohne Recht Schaden zufügt, der kränkt oder beleidigt den-
selben.
8. 9. Unterlassung einer Zwangspflicht wird einer Kränkung oder Beleidigung
gleich geachtet.
§. 10. Wer einen Andem aus Vorsatz oder grobem Versehen beleidigt, muß dem-
selben vollständige Genugthuung ?) leisten 7"). (. 7.)
§. 11. Ebendazu in auch der verhaftet, welcher eine dem Andern schuldige Pflicht
rt Vorsatz oder grobem Versehen unterläßt, und dadurch demselben Schaden verur-
acht 7 5##).
4) Nicht darauf allein kommt es an: ob eine urfachliche Verbindung zwischen Handlung als Ur-
sache und Schaden als Wirkung vorhanden, oder nicht, sondern auch darauf soll gesehen werden: ob
der Handelnde die Wirkung voraussehen kounte. Konnte er das — nach dem Dafürhalten des Rich-
ters — nicht, so ist das auch durch willkürliche Handlung eines Menschen verursachte Ereigniß ein
rein zusälliges. Vergl. §. 6, Tit. 3 und die Amn. 6 zu §S.7, sowie die Anm. 7 zu §. 8 ebend.
5) Die Fassung ist so, als wenn nicht Alles, was den entgangenen Gewinn ausmacht, bezeichnet
werden sollte, als wenn der eutiogene Gewinn noch andere Bestandeheile hätte. So ist es aber nicht
gedacht, man hat eine erschöpfende Definition vom lucrum cessans beabsichtigt. S. o. die Anm. 2.
(4. A.) Den entgangenen Gewinn bildet bei einer marktgängigen Sache diejenige Differenz, welche
wwischen dem Preise, der bei der kontraktlichen Erfüllung des Frachtvertrages an dem Ablieferungsorte
u erzielen gewesen sein würde, und demijenigen Preise besteht, welcher in Folge der Nichterfüllung
Fpes erlangt worden ist. Erk. des Obertr. v. 17. Sept. 1850 (Arch. f. Rechtsf. Bd. III. S. 13).
(t. A.) Der Emschädigungsanspruch des Holzberechtigten gegen den Waldeigenthümer, der die
Ausübung des Holzungsrechts gehindert hat, ist nicht durch den Nachweis des wirklichen Verbrauchs
bedingt, es genügt vielmehr der Nachweis des Bedarfs und der Möglichkeit der Befriedigung desselben
aus dem belasteten Walde. Erk. dess. v. 6. Juli 1852 (Arch. f. Rechtsf. Bd. VII, S. 224.
6) Die Frage ist rein faktisch. Rechtens ist nur, daß ein ursachlicher Zusammenhang zwischen
der Handlung und dem entgangenen Bortheile vorhanden sein muß. Vergl. §. 286, Tit. 5 und die
m- 37 dazu. Andere Fälle der Anwendung sind: Simon, Rechtsspr., Bd. 1. S. 259 u. Bd. IV,
223.
Gegen den Beeinträchtiger eines Patentrechts findet ein Entschädigungeanspruch erst dann statt,
wenn der Beeinträchtiger, nach vorausgegangener Verwarnung durch die Provinzial-Verwaltungebe-
hörde, einer wiederholten Berletzung ft säsoig macht. Patentregulativ vom 14. Okt. 1815, Nr. 10
(v. Kamptz, Annalen, Bd. VII, S. 827). Pr. des Obertr. 1971, vom 29. Januar 1848 (Entsch.
Bd. XVI, S. 117). Die Patentgesetzgebung ist eine singuläre.
Wenn die Entziehung des zu ianen Bortheils bis zur Befriedigung des Beschädigten in
Ansehung der Hauptsache fortwirkt, so kann der Richter, wenngleich in der Klage keine Summe vor-
aus angegeben werden kann, doch im Prinzipe über omnis causs erkennen, in der Weise, wie z. B.
auch über künftige Verzugszinsen bis zur Zahlung erkannt wird.
7) Diese regulirt sich nach dem Orte, wo die beschädigende Handlung vorgefallen ist. S. oben
Einl. §. 33, Anm. 44, Nr. III.
7 ) (4. A.) Wird die Entschädigungsklage auf einen angeblichen Meineid g#eünde. so kann die
Klage nicht unmittelbar bei dem Civilgerichte durch die Behauptung, daß der . einen falschen Eid
geschworen und dadurch den Kläger beschädigt habe, begründet; viclmehr muß präjudiziell Über das
Verbrechen von dem zuständigen Strafgerichte erkanut werden. Pr.-O. Tit. 16, F. 24; V. v. 3. Jan.
1840, S§. 151 ff.; Erk. des Obertr. v. 8. April 1859 (Eutsch. Bd. XLI, S. 52).
7 8#) (4. A.) Daß die S§. 10 u. 11 nicht auf Vertragsfälle augewendet werden können, wie es