14 Einleitung. 14
Zeit bezeichnete sich das meissnische Haus als das sächsische, alle seine
Glieder als Herzöge und Herzoginen zu Sachsen. Wichtiger noch, als diese nicht
gerade bedeutenden Gebietserwerbungen, waren die mit dem Herzogthum Sach-
sen verknüpften staatsrechtlichen Prärogativen, so die Kurwürde und das
Erzmarschallamt, welches nicht allein bei den Wahl- und Krönungsfeierlich-
keiten, sondern auch bei allen reichsständischen Versammlungen rechtliche Wir-
kungen äusserte, sowie auch das Reichsvikariat in den Ländern des säch-
sischen Rechtes !).
Durch die Erwerbung der Kurwürde erhob Friedrich der Streitbare sein Haus
zu einer Stellung ersten Ranges im deutschen Reiche; dasselbe würde in Nord-
deutschland die erste Macht geworden sein, wenn es nicht durch das Theilungs-
wesen seinen Länderbestand zersplittert hätte.
Im J. 1428 starb Friedrich der Streitbare, der erste Kurfürst seines Hauses
und hinterliess vier Söhne: Friedrich den Sanftmüthigen, Sigmund, Hein-
rich und Wilhelm, welche nach des Vaters Tode unter Leitung des Aeltesten bis
1436 eine gemeinsame Regierung führten. Nachdem 1435 Heinrich kinderlos gestor-
ben war, trafen die drei Brüder 1436 eine Oerterung auf 9 Jahre mit ihren Fürsten-
thümern und Landen (Lünig a. a. O. S. 211—214). Die Kur und das damit ver-
bundene Herzogthum Sachsen blieb ungetheilt und fiel dem erstgeborenen Bruder
als praecipuum zu. Im J. 1437 trat Sigmund in den geistlichen Stand und es fand
eine anderweite brüderliche Verabredung auf drei Jahr statt (Lünig a. a. O.
S. 214). Im J. 1440 starb Friedrich der Friedfertige, der Sohn Balthasars als
der letzte seiner Linie und seine Lande fielen an die Söhne Friedrichs des Streit-
baren, Friedrich II. den Sanftmüthigen und Wjlhelm. Im J. 1445 verglichen sich
die Brüder, welche bisher in Gemeinschaft gelebt hatten, über eine erbliche Lan-
destheilung. Kurfürst Friedrich erhielt Sachsen und Meissen, Wilhelm Thüringen
und Osterland (Lünig.a.a. O0. S. 222). Im J. 1464 starb Kurfürst Friedrich II.
der Sanftmüthige und ihm folgten seine beiden Söhne Ernst und Albrecht.
Zufolge väterlicher Verordnung blieben diese Brüder anfangs in Gemeinschaft und
der älteste führte im gemeinsamen Namen die Gesammtregierung. Selbst nach
dem Tode ihres 1482 kinderlos verstorbenen Oheims Wilhelm, dessen Länder
ihnen zufielen, hoben sie diese Gemeinschaft nicht gleich auf. Erst im J. 1485
trafen sie die berühmte erbliche Landestheilung, durch welche
die ernestinische und albertinische Linie entstanden ist?).
Dem Kurfürsten Ernst, welcher die Theile gemacht hatte, fiel zu:
Thüringen, der grössere Theil des Osterlandes mit Altenburg, Eisenberg, die
vogtländischen und fränkischen Besitzungen, zu seinem Loose gehörte auch noch
1) Vergl. Weisse, Lehrbuch S. 19 & 12. Christ. Gottl. Biener, specimina II. Historiam et
Jura suflragii electoralis saxonici et archimarschallatus complectontia. Lips. 1789 u. 1793. 4. Weisse,
über die Gerichtsbarkeit, Polizeigewalt und das Einfurirungsrecht des Erbmarschalls auf dem Reichs-
tage, in dessen Aufsätzen über einige unerörterte Gegenstände des deutschen Staatsrechts. Leipz. 1794.
Kursächsische Vikariatsgeschichte in der Sammlung vermischter Nachrichten zur sächsischen Geschichte.
Th. 9 8. 318 ff.
2) Uebor diese Theilung vergl. besonders Weisge II S. 355—360. Bötticher-Flathe Bd. I
9. 409. Schon Zeitgenossen sehen das Unheil der Theilung voraus. Chron. Buchense ad a. 1486:
„Timendum est, quod divisio adhuc aliquid mali inter principes positura est‘.