18 Einleitung. 18
Johann Friedrich war der letzte Kurfürst seiner Linie. Mit ihm schliesst die
grosse geschichtliche Mission der ernestinischen Linie ab, welche in Ausbreitung
und Vertheidigung des Reformationswerkes bestanden hatte. Von nun an bewegt
sich dieser Zweig Jahrhunderte lang in kleinfürstlichen Verhältnissen, in denen
er viel Gutes wirkt, ohne auf den grossen Gang der geschichtlichen Ereignisse
Einfluss zu haben. Als das Hauptunheil der ernestinischen Linie stellt sich ihre
mangelhafte Hausverfassung dar, indem man sich hier am allerspätesten
entschloss, die für Haus und Land so segensreich wirkende Individualsuccession
mit dem Recht der Erstgeburt einzuführen. Die Geschichte der Ernestiner ist von
nun an fast nur eine Geschichte ihrer Landestheilungen.
Die drei Söhne Johann Friedrichs des Grossmüthigen Johann Fried-
rich II. der Mittlere, Johann Wilhelm und Johann Friedrich III. der
Jüngere regierten nach dem Tode ihres Vaters im J. 1555 zuerst gemeinsam
unter dem Direktorium des Aeltesten. Nach dem Tode Johann Friedrichs III,
welcher 1565 unverheirathet starb, trafen die beiden überlebenden Brüder 1566
einen eigenthümlichen Mutschirungsvertrag: „dass die Länder auf sechs Jahre
lang in zwei gleiche Theile, als den weimarischen und koburgischen ge-
theilet, davon jener dem ältern, dieser dem jüngern Bruder und zwar jedem nur
auf drei Jahr lang nebst aller landesfürstlichen Obrigkeit eingeräumt, nach Ver-
fliessung sothaner dreijährigen Frist aber mit denen Landestheilen, Regierungen
und Hofhaltungen umgewechselt und aus einem Orte in den andern ver-
rücket, auch der Kanzleistylus in jeder Portion communi nomine als vor sich und
seinen freundlich geliebten Bruder geführt werden solle“.
Die Ausführung dieses wunderlichen Vertrages wurde aber dadurch verhin-
dert, dass der älteste Bruder, Johann Friedrich O., infolge der Grumbachschen
Händel 1566 in die Reichsacht und damit seiner Lande für verlustig erklärt
wurde So blieb Johann Wilhelm im Alleinbesitz der väterlichen
Lande. Vier Aemter: Weida, Arnshaug, Ziegenrück und Sachsenburg wurden
dem Kurfürsten August von Sachsen wegen der bei der Vollziehung der Reichs-
acht aufgewendeten Kosten verpfändet, mit Vorbehalt der Wiedereinlösung.
° Die Folgen der Reichsacht wurden auf dem Reichstage zu Speier (1570)
für die Söhne des geächteten Johann Friedrich IL, die Herzöge Johann Kasi-
mir und Johann Ernst, wieder aufgehoben. Zwischen diesen und ihrem Oheim,
dem Herzog Johann Wilhelm, kam zu Erfurt am 6. Nov. 1572 eine Landes-
theilung zu Stande!) (Lünig a. a. O. S. 366). Johann Kasimir und Johann
1554 trausactis. Lips. 1791. 2 diss. 4. Eben dieser von den damaligen Häuptern des sächsischen Für-
stenhauses abgeschlossene Vertrag enthält ausserdem die für die sächsische Hausverfassung wichtige
Bestimmung, dass „bei künftigen zwischen ihnen oder ihren Erben und Nachkommen vorfallenden Ir-
rungen, deren Entscheidung einem Austrägalgericht übertragen worden, wenn dabei ein Artikel vorfiele,
der sich in die sächsischen Rechte in die Hauptsache ziehen thäte, darin demselben sächsischen Recht
nach gesprochen werden sollte‘. In einem Nebenvertrage von demselben Tage (Lünig, Bd. V
Th. II 8. 267) wurden sodann auch die Erneuerung der Erbeinigung mit Hessen und Brandenburg, s0-
wie die Erbverbrüderung mit Hessen, die Erbhuldigung der Unterthanen auf den Fall, da ein Theil
obne Leibeserben abgehen und die Lande, vermöge der vom Kaiser wieder bewilligten Sammtbeleh-
nung, an den andern fallen würden, auch einige sonstige das Verhältniss beider fürstlicher Häuser be-
treffende Punkte verabredet.
1) Zum Zwecke dieser Theilang wurden die s. g. Portionsbücher angefertigt, Anschläge der