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hann Philipp, Friedrich und Friedrich Wilhelm II. erwählten Altenburg, ihr
Oheim Johann Weimar zur Residenz. So theilte sich die thüringische Linie in
die altenburgische und weimarische. Bald nach Errichtung des Vertra-
ges vom 13. Nov. 1603 erhielt das sächsische Haus wegen des neuen Fürsten-
thums Altenburg Sitz und Stimme im Reichsfürstenrathe, welches aber zu einer
Präcedenzstreitigkeit zwischen den beiden Häusern Altenburg und Weimar Ver-
anlassung gab, indem jenes das Erstgeburtsrecht und den auf dasselbe gegrün-
deten Vorgang vor letzterem aus dem Grunde, weil ihm die Prärogative der
älteren Linie zur Seite stand, behauptete, wohingegen die weimarischen Prinzen,
dass sie älter an Jahren wären, geltend machten. Diese Streitigkeit wurde durch
ein kaiserliches Dekret vom 27. Sept. 1607 dahin entschieden, „dass, zufolge des
in dem kur- und fürstlichen Hause Sachsen von Alters her und vermöge der
goldenen Bulle von 1376 hergebrachten Primogeniturrechts, der altenburgi-
schen Linie, welche ihren Ursprung von Herzog Friedrich Wilhelm, als Herzog
Johann Wilhelms erstgeborenem Sohne, herleitet, vor der weimarischen d. h. Her-
zog Johanns, des Secundogeniti Sohne, die Präcedenz und Vorgang, sammt allem,
was die Erstgeburtsgerechtigkeit mit sich bringe, billig verbliebe“. Diese die
weimarische Linie sehr aufregende Entscheidung verlor aber bald ihre praktische
Bedeutung, indem bereits im J. 1672 diese altenburgische Linie mit Friedrich
Wilhelm III. erlosch. So wurde Johann zu Weimar der einzige Fort-
setzer der ernestinischen Linie. Dieser Fürst zeugte mit seiner Gemah-
lin, Dorothea Maria von Anhalt, der trefflichen „Mutter der Ernestiner“!),
elf Söhne und eine Tochter. Bei seinem am 31. Okt. 1605 erfolgten Tode waren
noch acht unmündige Söhne vorhanden, welche unter Vormundschaft des Kur-
fürsten Christian II. von Sachsen succedirten. Im J. 1615 übernahm der älteste
Bruder Johann Ernst der Jüngere die Regierung im gemeinschaftlichen
Namen. Nach mehreren anderen Recessen schlossen die noch lebenden vier Brü-
der Wilhelm, Albrecht, Ernst und Bernhard am 19. März 1629 einen Hauptver-
trag ab: „dass das Fürstenthum mit allen und jeglichen dazugehörigen und ein-
verleibeten Hoheiten, Herrlichkeiten an Land und Leuten — — gemein und erb-
lich ungetheilt sein und bleiben sollte, bis man zu einer billigen Oerterung kom-
men könnte“ (Lünig, Part. spec. cont. II S. 413). Damit aber diese Gemein-
schaft die Interessen des Hauses nicht gefährde, wollten die drei jüngeren Brüder
dem ältesten ausser dem ihm zustehenden Direktorium die volle landes-
fürstliche Macht anvertrauen, wie wohl sie nach Hausgebrauch alle gleich-
berechtigt zur Regierung befugt wären und zwar in Erwägung: „wie aus solcher
gleichmässiger Regierung, Macht und Gewalt vieler Personen zugleich mehr Un-
ordnung und Schaden, als Wohlstand und Frommens zu entstehen pflegten‘“.
Unter diesen vier Söhnen ragte besonders Bernhard (geb. am 6. Aug. 1604)
als einer der gefeiertesten Helden des dreissigjährigen Krieges hervor, doch
1) G. Th. Stichling, die Mutter der Ernestiner. Ein Lebensbild aus der Grenzscheide des
XVI. und XV. Jahrh. Weimar 1862. In dieser quellenmässigen Arbeit finden sich auch manche
werthvolle staatsrechtliche Erörterungen, besonders über den oben erwähnten Altenburger Primogeni-
tur- und Präcedenzstreit, S. 70—90 und S. 128—143.