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hofrathe bekannt gemachte kaiserliche Entschliessung dahin entschieden: „dass
dieser Fall durch die Wahlkapitulation schon für entschieden anzunehmen und das
kaiserliche Diplom, soviel die herzoglich sächsische Würde und Successionsfähig-
keit belange, für entkräftet zu erklären sei“. Wider dieses Reichshofrathskon-
klusum vom 25. Sept. 1744 legte Anton Ulrich den Rekurs an den Reichstag
ein. Am 24. Juli 1747 erfolgte das einstimmige Reichsgutachten dahin, dass der
Herzog Anton Ulrich mit dem Rekurse ein- vor allemal ab und zur Ruhe zu
verweisen sei“. Da dieses Reichsgutachten am 4. Sept. 1747 durch ein kaiserliches
Hofdekret genehmigt wurde, so war die Successionsunfähigkeit der Söhne aus
dieser Ehe Anton Ulrichs unzweifelhaft festgestellt, während der vom Kaiser der
Gemahlin und den Kindern ertheilte Fürstenstand nicht angefochten werden
konnte?).
Nachdem inzwischen des Herzogs Anton Ulrichs erste Gemahlin am 14. Aug.
1744 verstorben war, vermählte sich derselbe standesgemäss mit Charlotte Amalie,
einer Tochter des Landgrafen Karl von Hessen-Philippsthal, welche ihm noch
vier Söhne und fünf Töchter gebar. Kurz vor seinem Tode errichtete er aber
am 27. Januar 1763 ein Testament, worin er „seine Söhne beider Ehen allerseits
Herzöge zu Sachsen“ gleichmässig zu Erben einsetzte und seiner Gemahlin die
Administration der Landesregierung auftrug, „bis in Ansehung seiner beiden äl-
testen Prinzen (erster Ehe) die von kaiserlicher Majestät sich reservirte Decision
ihrer zur Ungebühr angefochtenen Successionssache zu deren Favor erfolgt. sein
würde“. Die fürstliche Wittwe befolgte dieses Testament; vom Reichshofrathe
wurde dagegen am 25. Febr. 1763 „die für beide aus erster Ehe von dem Her-
zoge Anton Ulrich erzeugten fürstlichen Söhne, Bernhard Ernst und Anton
August, als der Landesfolge unfähig, zugleich ergriffene Possession und was der-
gleichen anhängig, kassirt und aufgehoben“. Uebrigens ist die ganze zahlreiche
Nachkommenschaft Anton Ulrichs aus erster Ehe kinderlos abgestorben. Ihm
folgten seine beiden Söhne zweiter Ehe Karl und Georg unter Vormundschaft
ihrer Mutter. Im J. 1775 übernahm Karl die Regierung und führte sie allein,
bis 1782 sein Bruder Georg Mitregent wurde. Allein in demselben Jahre starb
der ältere Bruder Karl; Georg war nun nicht nur Alleinregent, sondern auch
der einzige vom Mannsstamme der Speciallinie Sachsen-Meiningen. Er vereinigte
in seiner Person damit die öffentlich rechtliche Befugniss eines Landesherrn und
die privatrechtliche Zuständigkeit eines Vaters über seine Kinder. Dies be-
stimmte ihn, endlich seiner Linie und seinen Landen die Wohlthaten der Ein-
führung der Primogenitur angedeihen zu lassen. Nachdem ihm am 17. Dec.
1800 ein Prinz, Bernhard Erich Freund geboren war, erliess er am 12. März
1802 eine Primogeniturordnung, welche bis auf den heutigen Tag das
wichtigste Hausgesetz der Speciallinie Sachsen-Meiningen bildet. Dieselbe wurde
am 27. Aug. 1802 vom Kaiser Franz Il. bestätigt. Diese Primogenitur-
ordnungist dieletzte aus der Zeit des deutschen Reiches und über-
1) Daher ist es unrichtig, wenn Brückner S. 68 behauptet, ‚der Kaiser habe die Standeser-
höhung der verstorbenen Gemahlin und der Kinder für nichtig erklärt‘‘. Ihr fürstlicher Stand blieb
ihnen erhalten, nur der sächsische Familienstatus wurde ihnen abgesprochen.