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neuem festgestellt; aber unter diesem Grundsatze waren die linksrheinischen
Gebiete nicht mit begriffen, ebensowenig die später gemachten nicht inkorporir-
ten Besitzungen, wozu auch die Aemter Weiltingen und Brenz gehörten. Ueber
diese zur Versorgung von Nachgebornen zu verfügen, hielt man bis dahin für
hausgesetzlich erlaubt. Dennoch waren auch die s. g. Paragien für die einheit-
liche Zusammenfassung der Landeskraft nachtheilig und so bezeichnet ihr Ver-
bot abermals einen bedeutenden Fortschritt in der Entwickelung der württem-
bergischen Hausverfassung.
Auf Eberhard III. folgte 1674—1677 sein Sohn Wilhelm Ludwig,
diesem sein minderjähriger Sohn Eberhard Ludwig 1677-1733, über dessen
Bevormundung grosse Streitigkeiten stattfanden, bis durch einen 1678 unter
kaiserlicher Vermittelung abgeschlossenen Vergleich der Oheim Friedrich
Karl als Landesadministrator anerkannt wurde. Als Eberhard Ludwig 1693
zur Selbstregierung gelangt war, gab er sich einem ausschweifenden Leben hin,
liess sich besonders von seiner Maitresse von Grävenitz vollständig beherrschen,
errichtete eine stehende Militärmacht, mischte sich zum Schaden des Landes
in auswärtige Händel, verlegte die Residenz nach Ludwigsburg und brachte die
Landesverwaltung in die grösste Verwirrung. Er starb zwei Jahre nach dem
Tode seines einzigen Sohnes im J. 1733. Ihm folgte in der Regierung Karl
Alexander, der Sohn seines Oheims Friedrich Karl, welcher in österreichische
Kriegsdienste getreten und zur katholischen Kirche übergetreten war. Er war
seit der Zeit der Reformation der erste katholische Regent Württembergs und
wurde nur zur Regierung des Landes zugelassen, nachdem er in den bündigsten
Erklärungen besonders vom 17. Dec. 1733 die Erhaltung der kirchlichen Lan-
desverfassung feierlich zugesagt hatte. (Versicherung der Landes- und Kirchen-
verfassung vom 17. Dec. 1733. Reyschera.a.0O. 5.460.) Besonders ging das
Kirchenregiment, wie in Kur-Sachsen, ganz auf den geheimen Rath zur selbst-
ständigen Handhabung über. (Herzog Karl Alexanders Verordnung, betreffend
die unabhängige Verfügung des Geheimen Rathes in Religions- und Kirchenan-
gelegenheiten vom 27. Nov. 1734). Auf ihn folgte 1737 sein Sohn Karl Eugen,
von welchem die Reversalien seines Vaters feierlich bestätigt werden mussten.
Schon 1744 für mündig erklärt, gerieth er unter den Einfluss unwürdiger Günst-
linge, eines Montmartin, Rieger u. s. w. und erschöpfte das Land durch Ver-
schwendung, Soldatenspielerei, kostspielige Bauten und Stellenhandel, während
seine Ausschweifungen die öffentliche Sittlichkeit untergruben. Seine gewalt-
thätigen Eingriffe in die Landesverfassung riefen den äussersten Widerstand der
Landstände hervor und nöthigten den Herzog endlich zum berühmten Erbver-
gleiche vom 27. Febr. 1770 (Reyscher Bd. I S. 550 ff.).
Da die s. g. Landesgravamina fast das ganze Gebiet der Verfassung be-
trafen, so ist dieser Erbvergleich nahezu eine vollständige Kodifikatio der
altwürttembergischen Verfassung in ihrer letzten Gestalt. An der
Spitze des Vergleiches steht die Bestätigung „der compaktatenmässigen Landes-
verfassung in ihrem ganzen complexu, in Politicis et Ecclesiasticis“. Alle herzog-
lichen Beamten werden auf die Verfassung vereidigt, der Herzog hat von