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Württemberg aufgehoben, da beide jetzt der unbeschränkten Gewalt desselben
absoluten Herrschers unterworfen waren. Die Vereinigung von Alt- und Neu-
Württemberg zu einem Ganzen wurde durch möglichst gleichartige Einrichtung
der Gerichte, der Verwaltungsbehörden, durch Anwendung derselben Rechts-
normen im Gebiete des Öffentlichen und sodann auch des Privat- und Prozess-
rechtes immer mehr zur Durchführung gebracht (Organisations- Manifest vom
18. März 1806. Reyscher a. a. O. S. 247). Für uns von besonderer Bedeu-.
tung ist aber das Königliche Hausgesetz vom 1. Januar 1808 (Urkun-
denbuch Nr. IV). Dieses merkwürdige Hausgesetz bezeichnet nach Fornı und
Inhalt eine ganz neue Ordnung der Dinge. Während die älteren Hausgesetze
als Verträge zwischen den Agnaten zu Stande gekommen waren, ordnet hier
der König, als der absolute Gesetzgeber auch über die Mitglieder seiner Fannilie,
die Angelegenheiten seines Hauses ganz nach seinen souveränen Ermessen. Von
einer Zustimmung oder dem Beitritt der Agnaten ist keine Rede mehr. Es
wurde als Gesetz im Regierungsblatte verkündigt: „Als Stifter der Monarchie,
als Haupt des königlichen Hauses, als Vater des nächsten Thronerben glaubt
sich K. Friedrich berufen, den durch die Annahme der Königswürde und die
gänzliche Auflösung der deutschen Reichsverfassung bewirkten Veränderungen
durch eine auf alle künftigen Zeiten verbindliche Verordnung eine feste Bestim-
mung zu geben“. Allerdings waren durch die Auflösung des Reiches die Rechte
der Agnaten durchweg verändert; dieselben waren zu Reichszeiten reichsun-
mittelbar und standen nur unter Kaiser und Reich, nicht unter der Landes-
hoheit des regierenden Herrn, welcher über sie keine anderen Rechte ausüben
konnte, als die der väterlichen Gewalt, wenn ihm solche zustanden und gewisse
sich nach dem Herkommen der fürstlichen Häuser von selbst verstehende Ord-
nungsbefugnisse des Familienhauptes, welche, besonders im württembergischen
Hause, schon eine ziemlich weit gehende Anerkennung gefunden hatten. Die
eigentliche Gerichtsbarkeit über sie stand nicht dem regierenden Landesherrn,
sondern lediglich dem Kaiser zu, welcher sie durch die Reichsgerichte übte.
Durch die Auflösung des Reiches wurden die nicht regierenden Mitglieder des
fürstlichen Hauses in allen deutschen Staaten Unterthanen des regieren-
den Herrn und Staatsangehörige (H. Schulze, Lehrb. des deutschen
Staatsr. 8 154 S. 395). Insoweit war eine Neuordnung ihres Rechtsverhältnisses
entschieden Bedürfniss; aber K. Friedrich I. verstand auch hier Souveränetät als
schrankenlose Gewalt und unterwarf die Glieder des Hauses der Willkür des
Familienhauptes in einer Weise, die sie fast rechtlos machte. Ueberhaupt ist
dieses Hausgesetz nicht auf den geschichtlichen Grundlagen des deutschen Für-
stenrechtes, sondern auf dem Boden des romanischen Cäsarenthums erwachsen,
es ist eine Nachahmung des Hausstatuts Napoleons I., dessen bewundertes Vur-
bild überhaupt der neugeschaffene König in allen Beziehungen zu kopiren suchte.
Durch dieses Gesetz wurde „die Gesammtheit der jetzt vereinigten oder zu Leb-
zeiten des Gesetzgebers noch hinzukommenden königlichen Staaten zu einem
ewigen und unveräusserlichen Fideikommiss des königlichen
Hauses verbunden.“ Der König, als Haupt des Hauses, übt die höchste