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deutschen Fürstenhäusern, das sog. Vererbungssystem galt, insofern die ein-
mal bestimmte Apanage sich linienweise im Mannsstamme des Apanagirten fort-
erbte, wurde jetzt das sog. Heimfallssystem eingesetzt, wonach die Apanagen
immer nur persönlich an die einzelnen Mitglieder, je nach der Nähe der
Verwandtschaft mit dem regierenden Könige aus der Staatskasse gezahlt
wurden; letztere war aus der Vereinigung der alten Kammerkasse mit der Land-
schaftskasse entstanden. Ganz im Geiste des vollen Absolutismus wurde nicht
einmal eine eigene Civilliste oder Krondotation ausgeschieden, sondern auch für
die persönlichen Ausgaben des Königs hatte die Staatskasse in jedem verlangten
Betrage zu sorgen.
Mit dem Zusammenbruche der napoleonischen Gewaltherrschaft konnte auch
der Absolutismus in Württemberg sich nicht länger behaupten. Selbst Fried-
rich I. musste den Anforderungen der Zeit Rechnung tragen und auf Begründung
verfassungsmässiger Zustände denken. Zu diesem Zwecke berief der König eine
aus Repräsentanten der alten und neuen Gebietstheile gewählte Versammlung
zusammen, welcher er gleich bei ihrem Zusamnientritte eine „nach französischem
Muster, jedoch in sehr monarchischem Geiste entworfene Verfassungsurkunde“
vorlegte. Dieselbe wurde von der Versammlung einstimmig abgelehnt und eine
Unterhandlung auf der Grundlage der altwürttembergischen Verfassung, welche
nur thatsächlich durch einen Gewaltakt beseitigt sei, verlangt. Alle Unterhand-
lungen zerschlugen sich bei der Verschiedenartigkeit des Standpunktes. Darauf
erkannte die Regierung die rechtliche Gültigkeit der alten Verfassung für das
ehemalige Herzogthum Württemberg an, läugnete aber dieselbe hinsichtlich der
neuerworbenen Lande und legte zugleich 14 Artikel vor, auf deren Grundlage
eine den Zeitverhältnissen entsprechende Verfassung für das ganze Land aufzu-
erbauen sei. Auf Grundlage dieser 14 Artikel wurden neue Unterhandlungen
gepflogen und ein neuer Verfassungsentwurf ausgearbeitet. Mitten in diesen
Verhandlungen starb König Friedrich I. am 30. Oktober 1816. Das vom Vater
begonnene Werk sollte sein Sohn K. Wilhelm 1. glücklich hinausführen !).
3. Das verfassungsmässige Königthum.
Obgleich K. Wilhelm I. principiell die altwürttembergische Verfassung für
den Umfang des alten Herzogthums als gültig anerkannte, so ging doch sein
Bestreben dahin, für das ganze Königreich eine neue, den veränderten Verhält-
nissen, Bedürfnissen und Ansichten entsprechende, in Einer Urkunde niederge-
legte Verfassung, in Uebereinkunft mit den dazu berufenen Ständen, zu Stande
zu bringen. Aber auch ihm glückte die Vereinbarung nicht sogleich; auch der
von ihm am 26. Mai 1817 vorgelegte Entwurf wurde abermals abgelehnt. Durch
diese Erfahrung nicht abgeschreckt, machte K. Wilhelm I., entschlossen, dem
Lande endlich eine feste Verfassung zu geben, nochmals einen Versuch, welcher
endlich zum Ziele führte. Auf den 13. Juli 1819 wurde eine neue Ständever-
ı) R. Köstlin, König Wilhelm I. von Württemberg. 1839.