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Gefälle und nutzbaren Rechte, bilden, mit Ausschluss des sog. Hofdomänenkam-
mergutes, das königliche Kammergut (8. 102). Demselben kommt
die Eigenschaft eines von dem Königreiche unzertrennlichen
Staatsgutes zu. Auf demselben haftet die Verbindlichkeit, neben den per-
sönlichen Bedürfnissen des Königs als Staatsoberhauptes und der Mitglieder
des königlichen Hauses, auch den mit der Staatsverwaltung verbundenen Auf-
wand, soweit es möglich ist, zu bestreiten ($. 103). Erst bei der nachgewiese-
nen Insufficienz des Kammergutes darf die Steuerkraft des Landes in Anspruch
genommen werden (8. 100). Für den Aufwand, welchen die Bedürfnisse des Kö-
nigs und der Hofstaat erfordern, wird auf die Regierungszeit jedes Kö-
nigs eine theils m Geld, theils in Naturalien bestehende Civilliste verabschiedet,
deren Betrag in bestimniten Raten an die vom König zu bezeichnende Verwal-
tungsstelle abgegeben wird ($. 104). Die Verabschiedung einer Civilliste erfolgte
zuerst für die Regierungszeit des K. Wilhelms I. durch ein Gesetz vom 2U. Juni
1820 mit jährlich 850 000 fL, worunter 777800 fl. in Geld, das Uebrige in Na-
turalien. Ausserdem steht dem Könige der Genuss der s.g. Kroudotation
zu, d. h. bestimmter Kleinodien, Mobilien, Häuser, Rechte und Grundstücke, deren
Besitz zum äusseren Glanz des Thrones, zur Repräsentation der könig-
lichen Würde für nöthig erachtet und zur, Benutzung dem jeweiligen Könige
überlassen wird, welche deshalb aber auch dem Nachfolger in derselben Zahl
und in demselben Werthe zu übergeben sind, wie sie übernommen wurden. Ihre
Unterhaltung und Erneuerung wird als Verbindlichkeit der Civilliste angesehen
(v. Mohl a.a 0... 267). Die Apanagen, Wittthums- und Heirathsgelder und
andere dergleichen Leistungen, welche die Mitglieder des königlichen Hauses in An-
spruch zu nehmen haben, werden an diese unmittelbar von der Staatskasse ge-
zahlt (8.105). Eine ganz eigenthümliche Stellung nimmt das s.g. Hofdomänen-
kammergut ein, welches nicht Staatsgut, sondern Privateigenthum der
königlichen Familie ist, dessen Verwaltung und Nutzung dem Könige zu-
steht, dessen Grundstock aber nicht vermindert werden darf. Die Gründung
eines engeren, der regierenden Familie als Privateigenthum gehörigen Fa-
milienfideikommisses, früher Kammerschreibereigut genannt, schreibt sich
vom Herzog Eberhard III. her. Er vereinigte seine nach dem 30jährigen Kriege
gemachten Erwerbungen weder mit dem Kammergute, noch inkorporirte er sie dem
Herzogthum, sondern bildete ein engeres Privatfamilienfideikommiss des
Herzoglichen Hauses daraus, welches von den folgenden Herzögen, besonders
aber von dein Kurfürsten Friedrich sehr vermehrt wurde und den Namen „Hof-
domänenkammedrgat“ erhielt. Als reines Privateigenthum trägt dasselbe zu
den Staatslasten bei. Nur durch besondere Schenkung wächst vom König er-
worbenes individuelles Privateigenthum diesem Hausfideikommiss zu, welches so
lange mit der Krone vereinigt bleibt, als der jetzt regierende Mannesstamm den
Thron emnimmt, bei dessen Abgang aber der weiblichen Linie des württember-
gischen Hauses zufällt !).
1) J. Ch. F. Breyer, diss. de tideicommisso seren. gentis W. inprimis de corpore dicto Kammer-
schreibereigut. Tub. 1769. 4. J. C. Breyer elementa p. 87 ayq. 8. 207. |