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fügung entzogen und unter die Kontrolle der Stände gestellt. Mit den Re-
versen vom 1. Juli und 14. Okt. 1550 fand die landständische Verfassung der
Marken ihren Abschluss.
Während so Kurfürst Joachim II. auf der einen Seite der fürstlichen Macht-
vollkommenheit mehr vergeben musste, als irgend einer sciner Vorgänger, gelang
es ihm auf der andern Seite, die beiden wichtigsten Erwerbungen,
welche sein Haus und seinen Staat dereinst zu ungeahnter Grösse erheben soll-
ten, staatsrechtlich vorzubereiten. Mit der Verabredung einer Doppelheirath
zwischen den Kindern Joachims II. und denen des Herzogs Friedrich von Lieg-
nitz, Brieg und Wohlau am 19. Okt. 1537 wurde eine Erbverbrüderung ver-
bunden, kraft deren bei einem eventuellen Aussterben der Licgnitzer Piasten
die Elerzogthümer Liegnitz, Brieg und Wohlau an Brandenburg fallen sollten,
im umgekehrten Falle sollten dagegen die Herzöge von Liegnitz die ursprüng-
lich schlesisch-lausitzischen Landestheile Krossen, Züllichau und Kotbus erhalten.
Zun Abschlusse einer derartigen Erbverbrüderung war der Herzog von Liegnitz
kraft der ihm von König Wladislaw und K. Ludwig ertheilten, von K. Ferdinand I.
selbst bestätigten Privilegien berechtigt, welche ihm freie letztwillige Verfügung
zusicherten. Die Stände von Liegnitz und Brieg leisteten noch an demselben
Tage dem Kurfürsten den eventuellen Huldigungseid. Der materiell und formell
rechtswidrige Machtspruch K. Ferdinands I. vom 18. Mai 1546, welcher diese
Erbverbrüderung zu vernichten beabsichtigte, konnte den Erbansprüchen des
Hauses Brandenburg keinen Eintrag thun'). Während durch diese Erbverbrü-
derung die spätere Erwerbung Schlesiens vorbereitet wurde, fasste unter Joa-
chim II. das Haus Brandenburg auch Fuss an den Gestaden der Ostsee. Die
Kraft des deutschen Ordensstaates in Preussen war durch die Schlacht von
Tannenberg am 15. Juli 1410 gebrochen. Der Friedensvertrag von Thorn vom
19. Okt. 1466 entzog dem Orden einen grossen Theil seiner Besitzungen und
brachte ihn für das, was ihm verblieb, in Lehensabhängigkeit von der Krone
Polen. Die langen Streitigkeiten der Hochmeister mit Polen fanden endlich
durch den Krakauer Vertrag vom 8. April 1525 ihr Ende, durch wel-
ches das Ordensland in ein weltliches Lehnsherzogthum der Krone
Polen verwandelt und der damalige Hochmeister Markgraf Albrecht von Bran-
denburg von der fränkischen Linie für sich und seine Nachkommen damit be-
lehnt wurde. In die gesammte Hand wurden damals nur die Brüder von der
fränkischen Linie, die Markgrafen Georg, Kasimir und Johann aufgenommen.
Erst den unausgesetzten Bemühungen Joachims II. gelang es am 19. Juli 1569
auch für die Kurlinie die Mitbelehnung zu erwirken ?).
1) Vergl. insbesondere C. Grüuhagenu, Die Erbverbrüderung zwischen Hohenzollern und Preus-
sen von 1537. (Aus der Zeitschr. für preussische Geschichte). v. Lancizolle ». a. O. S. 640 ff.
Die auf diese Erbverbrüderung sich beziehenden Urkunden befinden sich bei Riedel, cod. dipl. 11, 6.
2) v. Lancizolle a. a. O. Abth. Il Kap. 1 8.424 ff. Deductio juris successionis seu simulta-
neae investiturae Ser. Principum Joachimi II. ot Jo. Georgii Marchionum Brandenburgensium posteri-
tati et in linea recta descendentibus, nimirum hoc tempore illustr. Domino Christiano et Domino Al-
berto Marchionibus Braud. defuncti fratris Joachimi Eruesti superstiti filio iu Ducatum Prussise com-
petentis cum adjunctis A—X. Onoldi (1651) 4.