580 Einleitung. 46
Stralsund und Greifswald konnten ihm indessen die Früchte des glorreichen
Krieges nicht sichern. Der Kaiser liess ihn im Stich und schloss am 5. Febr.
1679 den Frieden zu Nimwegen ; so musste denn Friedrich Wilhelm am 29. Juni
1679 zu St. Germain mit Frankreich und Schweden einen sehr ungünstigen
Frieden schliessen, der ihn zur Herausgabe aller seiner Eroberungen zwang.
Ausser 300000 Kronenthalern Entschädigung von Frankreich erhielt er nur die
wenigen Orte und Zölle, welche Schweden seit dem westfälischen Frieden in
Hinterpommern besessen hatte.
Nach dem Tode des letzten Administrators, Prinzen August von Sachsen,
nahm Friedrich Wilhelm das Erzstift Magdeburg 1680 in Besitz, welches
seitdem unter dem Titel eines Herzogthums mit den brandenburgischen Landen
verbunden geblieben ist. Auch trat der grosse Kurfürst mit seinen süddeutschen
Stammverwandten, den schwäbischen Hohenzollern, wieder in nähere Verbindung.
Er nahın auch die Verhandlungen über die förmliche Erneuerung der älteren
Verträge wieder auf, deren Abschluss jedoch bei seinen Lebzeiten nicht mehr
zu Stande kam. Dagegen verkündete der Kurfürst in dem Erlasse vom 11. Juni
1685, dass der Kaiser „in gnädigster Konsideration, dass wir aus dem uralten
Hause der gefürsteten Grafen von Hohenzollern herstammen und entsprossen“,
ihm die Wiederannahme des Prädikats eines Grafen zu Hohenzollern ge-
stattet habe und dass darnach dieses Prädikat dem kurfürstlichen Titel hinzugefügt
werden solle. In seinen späteren Jahren verband er sich mit dem Kaiser zur Ver-
theidigung und Erhaltung des Reichs gegen jeden Angriff; auch entsagte er
1686 seinen Ansprüchen auf die schlesischen Fürstenthümer Liegnitz, Brieg und
Wohlau gegen Abtretung des Schwiebuser Kreises und Sicherung seiner Rechte
auf Ostfriesland. Er vermehrte das Staatsgebiet um 541 Quadratmeilen, so dass
die sämmtlichen Lande bei seinem Tode bereits 2013 Quadratmeilen betrugen.
Der grosse Kurfürst hatte verschiedene Testamente gemacht, das erste,
von dem wir wissen, ist von 1651, besonders wichtig ist das öfter gedruckte vom
23. März 1664, das letzte vom 16. Januar 1686, an welches sich in der tradi-
tivnellen Geschichtsschreibung der Vorwurf knüpft, dass er durch dasselbe das
Werk seines Lebens, die mühsam errungene Staatseinheit, habe wieder zertrüm-
mern wollen, indem er den nachgeborenen Söhnen ansehnliche Fürstenthümer
zugewiesen und somit die Einheit des brandenburgischen Staates in Frage ge-
stellt habe. Neuere Forschungen !) haben jedoch dargethan, dass von - einer
Zerstückelung des Staates durch die Bestimmungen des Testamentes keine Rede
war, sondern dass die Nachgeborenen nichts anderes sein sollten, als erbliche
Statthalter der betreffenden Landestheile, deren Revenuen sie zu geniessen haben,
während alle höheren Regierungsrechte dem Erstgeborenen verbleiben sollten.
Mochten bei diesen Bestimmungen den grossen Kurfürsten wichtige Erwägungen
geleitet haben, indem er durch die Errichtung solcher Paragien für die nachge-
borenen Prinzen dieselben fester an das Land knüpfen und würdig beschäftigen,
1) J. @. Droysen, Das Testament des grossen Kurfürsten in den Abhandlungen der K. Sächs.
(tesellschaft der Wissensch. zu Leipzig. 1866. B. Erdmannsdörffer, Das Testament des grossen
Kurfürsten, in den preuss. Jahrb. B. XVIlI S. 429 (1867).