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Theresia als Thronfolgerin in allen übrigen Ländern der österreichischen Mo-
narchie anzuerkennen, ihrem Gemahl dem Herzoge Franz von Lothringen bei der
Kaiserwahl seine Stimme zu geben, auch zwei Millionen Thaler zu zahlen, sofern
Oesterreich in die Abtretung dieser schlesischen Fürstenthümer willigen würde.
Da alle seine Vorschläge zurückgewiesen wurden, so rückte er am 16. Dec. 1740
in Schlesien ein '), erlangte im Vertrage von Nymphenburg am 18. Mai 1741 von
Seiten Frankreichs, Spaniens, Bayerns und Sachsens die Zusicherung Schlesiens,
wogegen er auf Jülich, Berg und Ravenstein zu Gunsten der Linie Pfalz - Sulz-
bach verzichtete und zwang Oesterreich durch mehrere glänzende Siege in dem
Präliminarvertrage von Breslau am 11. Juni 1742, der am 28. Juli d. J. zu Berlin
bestätigt wurde, an ihn abzutreten: Ober- und Niederschlesien, nebst dem
zu Mähren gehörigen Distrikte Katscher und die Grafschaft Glatz, dagegen be-
hielt Maria Theresia Troppau, Teschen und alles das was jenseits der Oppa ge-
legen war, auch wurde dem Hause Oesterreich vorbehalten, den Titel eines sou-
veränen Herzogs von Schlesien fortzuführen. Ausserdem verzichtete Maria The-
resia auf alle Lehensrechte, welche die Krone Böhmen bis dahin über viele dem
brandenburgischen Kurhause gehörigen Gebietstheile, wie Krossen, Kottbus, Peiz
u. S. w. ausgeübt hatte (Wenck, cod. jur. gent. T. I p. 739). Der am 6. Dec.
1742 zu Ratibor abgeschlossene Grenzrecess (Wenck T.I p. 748) setzte darauf
die Sonderung des preussischen und österreichischen Antheils auf Schlesien fest
und bestimmte die im wesentlichen noch heute bestehenden Grenzlinien zwischen
beiden Monarchien. Den Besitz Schlesiens, welchen Friedrich II. noch in zwei
neuen Kriegen, dem zweiten schlesischen 1744—45 und dem siebenjährigen 1756 —
1763 vertheidigen musste, sicherte ihn aufs neue der Dresdener Friede am
25. Dec. 1745 (Wenck I p. 191) und der Hubertusburger Frieden vom 15. Febr.
1763 (Wenck T. II p. 368), welche den Berliner Frieden lediglich bestätigten.
Diese neue Erwerbung umfasste 672 Q.M. mit 1,000,000 Einwohnern. Die Ab-
tretung erfolgte „mit völliger Souveränetät und Indepedenz von der Krone Böh-
men.“ Der König von Preussen nannte sich seitdem „souveräner und oberster
Herzog in Schlesien, doch wahrte das Reich durch Reichsgutachten vom 14. Mai
1751 die „jura imperii“ auf Schlesien.
Auf Grund der vom Kaiser Leopold I. dem kurfürstlichen Hause Branden-
burg 1694 certheilten Anwartschaft nahm Friedrich II., nachdem am 25. Mai
1744 erfolgten Tode des letzten einheimischen Fürsten Karl Edzard aus dem
Hause Cirksena das Fürstenthum Ostfriesland nebst dem Harlingerlande (54 Q.M.)
in Besitz. Im J. 1745 erfolgte die Belehnung von Seiten des Reichsvicariates ?)
(Wiarda, ostfriesische Geschichte Bd. VIII u. X).
Brieg, Wohlau und zugehörigen Herrschaften. In Schlesien. Anno 1741. Diese Deduktionen sind
jetzt gesammelt von Heinrich Koser, preussische Staatsschriften aus der Regierungszeit K. Fried-
richs 11. (1740—45). Berlin 1877.
1) C. Grünbagen, Geschichte des ersten schlesischen Krieges. 2 Bde. Gotha 1881. Da-
selbst ist auch die staatsrechtliche Seite der Frage eingehend besprochen. 8. 118—141: Preussische
Ansprüche auf Schlesien. J. Wuttke, K. Friedrichs des Gr. Besitzergreifung von Schlesien und die
Entwickelung der öffentlichen Verhältnisse in diesem Lande bis zum J. 1740. I. Bd. Leipzig 1842.
U. Bd. 1843.
2) Gründlicher Bericht von der Beschaffenheit des ostfriesischen Reichsmannlehens und der dem