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königlichen Hofverwaltungen, sowie die Angelegenheiten der Pro-
vincialhofämter.
2. Vermählungen.
Die Hausgesetze schweigen über die Ebenbürtigkeit der Ehen; deshalb
muss hier die Observanz des Hauses und das deutsche Fürstenrecht entscheiden.
Für die Zeiten des älteren deutschen Reiches ist eine Erklärung K. Friedrichs H.
an den neugewählten Kaiser Karl VII. bedeutsam: „Wir sollen auch aus teutsch-
patriotischer Gesinnung ganz unvorgreiflich dafür halten, dass Ew.K. Maj. Reichs-
hofrath, sowohl als Reichshofrathskanzlei pro norma regulativa bei dieser Ge-
legenheit ein vor alles zu bescheiden seien, daß alle diejenigen fürstlichen Hei-
rathen schlechterdings für ungleich zu achten, welche mit Personen unter dem
alten reichsgräflichen Sitz und Stimme in comitiis habenden Stande kontrahirt
werden und daß die aus solcher Ehe zu erzeugenden Kinder weder zur fürst-
lichen Würde, Titel und Wappen ihres Vaters noch zur Succession in dessen
Reichslanden niemals fähig seien, noch dazu gelassen werden sollen.“ (Pütter,
Missheirathen S. 287). Diesem wichtigen Zeugnisse des familienrechtlichen Be-
wusstseins entspricht auch die Praxis in den Eheschliessungen des Hauses Bran-
denburg-Preussen von dem ersten Kurfürsten aus dem Hause Zollern, bis auf
den heutigen Tag (H. Schulze, preussisches Staatsr. S. 189). Als unzweifel-
haft ebenbürtig gelten heutzutage: 1) in Deutschland a) alle Ehen, welche
Glieder der regierenden Fürstenhäuser untereinander schliessen , ohne Rücksicht
auf den höheren oder niederen Titel der Häuser; b) alle Ehen mit Gliedern der
ehemals reichsständisch-landesherrlichen Häuser, auf welche Art. XIV der B.A.
Anwendung findet. Dazu gehören die schon zu Reichszeiten nur mit einer unter-
geordneten Landeshoheit versehenen reichsständischen Häuser Schönburg und
Stolberg, keineswegs unzweifelhaft die reichsgräflichen Personalisten-
familien, welche ohne reichsgräfliches Territorium bei einem Grafenkollegium
immatrikulirt waren. Im preussischen Königshause wurde die Ehe K. Friedrich
Wilhelms III. mit einer Gräfin Harrach aus einer reichsgräflichen Personalisten-
familie in morganatischer Form abgeschlossen. In „der Urkunde über Unsere
morganatische Ehe mit der Gräfin Auguste von Harrach“ vom 9. Nov. 1824
wurde dieselbe ausdrücklich „nach der Verfassung Unseres König-
lichen Hauses nicht als eine ebenbürtige, sondern als cine mor-
ganatische Ehe für jetzt und alle Zeiten erklärt.“ Gewiss ein gewichtiges
Zeugniss für die strenge Observanz des königlich preussischen Hauses im Punkte
der Ebenbürtigkeit.
2) Ausser Deutschland alle Ehen mit Gliedern regierender christlicher
Familien, soweit dieselben und ihre Staaten in gleichberechtigtem völkerrecht-
lichem Verkehre mit einander stehen. Es kommt dabei weder auf das Alter
der Dynastie, noch auf die Grösse des beherrschten Landes an. Auch neu zur
Souveränetät emporgestiegene Familien z. B. Bonaparte, Bernadotte sind dadurch
ebenbürtig geworden. Ja, die Souveränetät wird als ein so hervorragendes Recht
angesehen, dass man selbst ihren früheren, wenn auch verloren gegangenen