Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Dritter Band: Sachsen, Schwarzburg, Waldeck, Württemberg, Zollern. (3)

616 Einleitung. 82 
Besitz regelmässig als Grund betrachtet, einer Familie die Ebenbürtigkeit ferner- 
hin zu belassen. Dagegen werden die Ehen mit auswärtigen hochtitu- 
lirten Unterthanenfamilien regelmässig nicht als ebenbürtig angesehen; 
so galt im brandenburgischen Hause die Ehe der Lady Craven, Tochter des 
Grafen Berkeley aus einer alten Pairsfamilie, mit dem letzten Markgrafen von 
Ansbach-Baireuth nicht als ebenbürtig. Bei auswärtigen nicht souveränen Fa- 
milien kommt alles darauf an, ob eine Familie die Stellung eines über den 
niedern Adel nach Abstammung und Regierungsrechten erhabenen herrschen- 
den Geschlechtes einnimmt, ob sie eine Analogie von Landesherrlichkeit besitzt 
oder bis in neuere Zeit besessen hat. Aus diesen Gründen sprach sich K. Fr. 
Eichhorn in einer ungedruckten interessanten Denkschrift: „Das Verhältniss 
des fürstlichen Hauses Radziwill zu den Fürstenhäusern Deutschlands aus 
dem Standpunkte der Geschichte und des deutschen Fürstenrechtes erörtert“ für 
die Ebenbürtigkeit dieser einst mit weitgehenden Regierungsrechten ausgestat- 
teten litthauischen (titularreichsfürstlichen) Familie aus; auch sind trotz der 
strengen Ebenbürtigkeitsgrundsätze des brandenburg-preussischen Hauses mehrere 
eheliche Verbindungen mit dem fürstlichen Hause Radziwill vorgekommen, welche 
als ebenbürtig galten: Ehe der Prinzessin Elisabeth Sophie, Tochter des Kur- 
fürsten Johann Georg, mit Janus I., Herzog von Radziwill, 1613, Ehe des Prinzen 
Ludwig, Sohn des grossen Kurfürsten, mit Luise Charlotte Radziwill, 1680, Ehe 
der Prinzessin Friederike Luise mit dem Fürsten Anton Radziwill, 17%. 
Immer muss aber dabei in erster Linie anerkannt werden, dass der Grund- 
satz der Ebenbürtigkeit sich nach der Hausverfassung jeder 
Familie regelt, dass er ein res mere domestica ist. Wer innerhalb seines 
Hauses als ebenbürtiges Glied anerkannt ist, muss von allen Fürstenhäusern als 
solches respektirt werden. Hat daher ein Fürstenhaus mildere Ebenbürtigkeits- 
grundsätze als das preussische, so kann desshalb den Gliedern desselben die 
Ebenbürtigkeit mit den Gliedern des preussischen Königshauses nicht abgespro- 
chen werden. So hat das altfürstliche Haus Oldenburg, zu welchem auch 
das herzogl. Haus Schleswig -Holstein- Sonderburg- Augustenburg gehört, seit 
Jahrhunderten die Praxis geübt, dass auch Ehen mit Frauen des alten niedern 
Adels, besonders mit Gräfinnen, als ebenbürtig gelten, wie dies besonders von 
K. Samwer, die Staatserbfolge der Herzogthümer Schleswig - Holstein (1844) 
gründlich nachgewiesen ist. Es kann daher keinem Gliede dieses Hauses, wel- 
ches aus einer solchen in seiner Familie anerkannten Ehe stammt, in irgend 
einem Fürstenhause, auch nicht im preussischen, die Ebenbürtigkeit abgesprochen 
werden, wenn letzteres auch selbst strengere Grundsätze beobachtet. Daher 
waren alle Zweifel gegen die Ebenbürtigkeit und Successionsfähigkeit der Augu- 
stenburgischen Linie, welche hie und da gehegt wurden, vollständig unbegründet. 
(Vergl. besonders H. Zöpfl: „Ueber Missheirathen in den deutschen regierenden 
Fürsenhäusern überhaupt und in dem oldenburgischen Gesammthause insbeson- 
dere. 1853.) 
Zu Eingehung einer Ehe eines Gliedes des königlichen Hauses ist die Zu-
	        
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