Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Dritter Band: Sachsen, Schwarzburg, Waldeck, Württemberg, Zollern. (3)

624 Einleitung. 90 
B. Staatsrechtliche Grundsätze. 
1. Die Thronfolget). 
Nach der VU. A. 53 ist „die Krone, den königlichen Hausgesetzen gemäss, 
erblich in dem Mannsstamme des königlichen Hauses nach dem Rechte der Erst- 
geburt und der agnatischen Linealfolge“. Hiernach ist also, da die Verfassung 
anderweitige Bestimmungen über den Gegenstand nicht enthält, staatsgrund- 
gesetzlich nur über die Thronfolge des Mannsstammes Anordnung getroffen. Die 
Bestimmung des A.53 ergiebt zuförderst, dass die Krone innerhalb der succes- 
sionsfähigen Mitglieder des Mannsstammes der regierenden Familie übertragen 
wird. Um als successionsfähiges Mitglied des Mannsstammes betrachtet zu 
werden, ist es nicht hinreichend, dass der Betrefiende männlichen Geschlechtes 
und von einem Prinzen des königlichen Hauses erzeugt sei, sondern es ist er- 
forderlich, dass derselbe von einem selbst successionsfähigen Prinzen des könig- 
lichen Hauses durch rechtmässige Geburt aus einer ebenbürtigen, in hausgesetz- 
lich gültiger Weise abgeschlossenen Ehe abstamme. Solanye ein derartiger 
männlicher Abkömmling des königlichen Hauses vorhanden ist und solange der- 
selbe nicht auf sein Successionsrecht verzichtet hat, kann kein anderer die 
Krone rechtlich erwerben. Ob nach dem Aussterben des successionsberechtigten 
Mannsstammes den Kognaten ein subsidiäres Thronfolgerecht zustehe, ist be- 
stritten. Zu Zeiten des älteren deutschen Reiches waren die meisten Gebiete des 
brandenburgischen Länderkomplexes Mannlehen, in denen von einer Succession 
der Frauen und ihrer Nachkommen nicht die Rede sein konnte; nur in einzelnen 
kleinen Gebieten, welche durch weibliche Erbfolge an das Haus gekommen 
waren, war die subsidiäre kognatische Thronfolge stillschweigend beibehalten, so 
2. B. in den aus der jülich-bergischen Succession erworbenen Ländern. Wäre 
daher der ganze brandenburgische Mannsstamm zu Reichszeiten erloschen, so 
hätten nach den damaligen fürstenrechtlichen Grundsätzen die Kognaten auf 
diese Landestheile Anspruch machen können, während die anderen Landestheile 
als erledigte Reichslehen heimgefallen oder an die Erbverbrüderten gefallen 
wären. Eine solche mögliche Zertheilung oder Auflösung des Staates bei Er- 
löschen des Mannsstammes nach verschiedenen erbrechtlichen Grundsätzen nahm 
selbst Friedrich der Grosse in dem von uns zuerst veröffentlichten geheimen 
Familienpakte von 1752 an. Nach den Grundsätzen des heutigen 
Staatsrechtes ist jede Landestheilung aus fürstenrechtlichen 
Gründen ausgeschlossen, Erhaltung der Staatseinheit oberstes 
Axiom der Thronfolge?). Selbst nach Erlöschen des gesammten könig- 
lichen Mannsstammes würden alle Ansprüche von Kognaten auf einzelne Lan- 
destheile vor der Majestät dieses grossen Grundsatzes schweigen müssen, 
  
1) Vergleiche meine ausführliche Darstellung der ganzen Lehre im preussischen Staatsrechte 
B. I Kap. I. Abschn. II S. 172—211, wo auch die ganze Literatur angeführt ist. 
2) Am besten dargethan von C. F.v. Gerber, Ueber die Theilbarkeit deutscher Staatsgebiete, 
in Aegidis Zeitschr. für deutsches Staatsr. B. 1 H. 1. S. 5—24.
	        
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