Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Dritter Band: Sachsen, Schwarzburg, Waldeck, Württemberg, Zollern. (3)

9 Einleitung. 625 
Keineswegs kann aber juristisch behauptet werden, dass die subsidiäre weibliche 
Thronfolge für den ganzen preussischen Staat stillschweigend eingeführt 
worden sei, da an sich durch Aufhebung des deutschen Reiches an den Succes- 
sionsgrundsätzen der Fürstenhäuser nichts verändert worden ist. Nur soviel 
steht fest, dass jetzt kein rechtliches Hinderniss, wie etwa in dem früher be- 
standenen Lehnsverbande, entgegenstehen würde, die subsidiäre weibliche Thron- 
folge durch ein Verfassungsgesetz einzuführen. Ob dies politisch rathsaın wäre, 
ist freilich eine andere Frage. 
Ganz dasselbe gilt von den Ansprüchen der erbverbrüderten Häuser. 
Hier kommt besonders die Erbverbrüderung zwischen den Häusern Sachsen, 
Hessen und Brandenburg in Betracht (Hausgesetze B. II unter Hessen, 
S.11 Urk. Nr. I), über welche ich mich in meinem preussischen Staatsrechte so 
ausgesprochen habe: „In ihrer jüngsten Gestalt vom 9. Nov. 1587 und vom 
29. März 1614 ordnet dieselbe das gegenseitige Successionsrecht der drei 
Häuser folgendermaassen: Stirbt Hessen aus, so erhält Sachsen zwei Drittel, 
Brandenburg ein Drittel der Succession, stirbt Sachsen aus, so erhält Hessen 
zwei Drittel mit Kinschluss der Kurwürde und Brandenburg ein Drittel. Auf 
den Fall des Erlöschens des gesammten brandenburgischen Mannsstammes haben 
Hessen und Sachsen das gleiche Recht, jedes zur Hälfte, jedoch so, dass 
Hessen die Kurwürde erhält. Obgleich diese Erbverbrüderung in Betreff Bran- 
denburgs die specielle kaiserliche Genehmigung nicht nachweisbarer Weise er- 
halten hat, so ist doch nach den Grundsätzen des Reichsstaatsrechtes anzu- 
nchmen, dass in der Wahlkap. K. Leopolds I. von 1658 A. VI eine allgemeine 
Bestätigung aller älteren Erbverbrüderungen über Reichslehen enthalten ist. 
Da auch die Auflösung des Reiches keinen Einfluss auf das Fortbestehen der 
Erbverbrüderungen gehabt hat, so kann an und für sich die fortdauernde Gültig- 
keit der hessisch-sächsisch-brandenburgischen Erbverbrüderung nicht bezweifelt 
werden; jedoch würde eintretenden Falles ein Widerspruch zwischen den älteren, 
historisch begründeten Erbansprüchen und der heutigen Staatsordnung ent- 
stehen, welche Untheilbarkeit des Staates, Individualsuccession und 
Recht der Erstgeburt fordert. Jene Normen sind entstanden zu einer Zeit, wo 
es einen Staat im heutigen Sinne noch nicht gab und man Land und Leute wie 
ein Objekt privatfürstenrechtlichen Erbrechts betrachtete, während heut zu Tage 
die T'hronfolge ein integrirender Bestandtheil der verfassungsmässigen Staats- 
ordnung ist und wie jede andere Bestimmung der Verfassung auf gesetzlichem 
Wege geregelt werden kann. Da offenbar hier ein Widerspruch vorhanden ist, 
welcher weder durch private Uebereinkunft der erbverbrüderten Häuser, noch 
durch einseitige Verfügung des letzten Souveräns gelöst werden kann, so muss 
hier nothwendig eine verfassungsmässige Neuordnung der Staatssucces- 
sion erfolgen, wobei die aus alten, gewissermaassen vorstaatlichen Titeln her- 
rührenden Rechte nur soweit berücksichtigt werden können, als sie sich in die 
gegenwärtig bestehende konstitutionelle Staatsordnung einfügen lassen“. 
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