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gang: „Im Namen Sr. Maj. des Königs Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, Prinz
von Preussen, Regent u. s. w.
Beendigt wird die ordentliche Regentschaft in dem Momente, wo der nıin-
derjährige Monarch volljährig geworden ist, die ausserordentliche Regentschaft
mit dem Hinwegfallen des Verhinderungsgrundes, welches jedoch ebenso ver-
fassungsmässig konstatirt werden muss, wie bei der Einsetzung der Regentschaft
die Nothwendigkeit derselben festgestellt worden ist. Das Recht des zeitigen
Regenten erlischt, durch Tod oder freiwillige Abdankung, dadurch, dass der Re-
gent während der Regentschaft selbst regierungsunfähig wird. Tritt ein solches
Hinderniss nicht ein, so bleibt der einmal zur Regentschaft Berufene solange
Regent, bis die Regentschaft selbst aufhört.
3. Gerichtsstand der Mitglieder des königlichen Hauses.
Der Gerichtsstand des königlichen Hauses in Prozessen, worin ein Dritter
als Kläger auftritt, ist für die erste und zweite Instanz der Geheime Justizrath
des zu Berlin bestehenden Kammergerichtes (Oberlandesgericht) auch nach dem
Reichsgerichtsverfassungsgesetze vom 27. Jan. 1877 verblieben. Die Verhand-
lungen und Entscheidungen dritter Instanz (Revision und Beschwerde gegen die
Entscheidungen des Geheimen Justizrathes) sind dem Reichsgericht übertragen
(Reichsgesetz vom 26. Sept. 1879 $ 2). „Für Streitigkeiten der Mitglieder des
königlichen Hauses unter sich sind die hausverfassungsmässig bestimmten
Austräge noch in Gebrauch, sie werden in den dazu geeigneten Fällen bis in
die neueste Zeit, unter geschäftlicher Vorbereitung der Sache durch das Haus-
ministerium nach wie vor angewendet.“ (Mittheil. des Minist. des königlichen
Hauses).
VI. Die deutschen Kaiser aus dem Hause Zeillern.
Die römisch - deutsche Kaiserwürde war mit der Niederlegung der Kaiser-
krone von Seiten Kaisers Franz II. aus dem Hause Habsburg-Lothringen am
6. August 1806 erledigt. Die Absicht Preussens im J. 1806, mit Errichtung
eines norddeutschen Reichsbundes die Kaiserwürde als Bundesoberhaupt an-
zunehmen, blieb unausgeführt. Auf dem Wiener Kongresse wurde bei den Be-
rathungen über die neuzugestaltende Gesammtverfassung Deutschlands von 29
Regierungen „die Wiederherstellung der deutschen Kaiserwürde mit den durch
die Zeitverhältnisse erforderlichen Modifikationen“ verlangt. Auch in den trüben
Zeiten bundestäglicher Reaktion blieb „die Wiederherstellung von Kaiser und
Reich“ ein patriotisches Ideal der Besten der Nation, welches besonders die
Herzen der Jugend begeisterte. Im J. 1848 nahm dieser schöne, aber unklare
Gedanke zuerst eine konkretere Gestalt an, indem man ein erbliches Kaiserthum
des preussischen Königshauses ins Auge fasste. Am 28. März 1849 beschloss
die deutsehe Nationalversammlung: „dass die erbliche Würde eines Kaisers der
Deutschen auf Se. Maj. den König Friedrich Wilhelm IV. von Preussen und