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wobei regelmässig die Wittwe mit berücksichtigt wurde, so ernannte auch Carl
Wilhelm, diesem Hausgebrauche gemäss, seine Frau Wittwe und seinen Neffen
Carl August zu Vormändern seines Enkels, ordnete aber denselben ein vormund-
schaftliches Geheime Rathscollegium für alle Geschäfte bei.
Carl Friedrich (1733— 1811) ist als der Neugründer des gegen-
wärtigen badischen Staates und seiner Dynastie anzusehen. In seine
langjährige Regierung fallen die wichtigsten Staatsereignisse der Neuzeit, welchen
kein Staat so viel verdankt, als gerade Baden. Hier kommen vorzugsweise die-
jenigen Momente in Betracht, welche für die Hausverfassung der Dynastie von
Wichtigkeit sind.
Carl Friedrich war geboren im Jahre 1728, er war also beim Tode seines
Grossvaters im Jahre 1738 noch unmündig. Die Grossjährigkeit der Regierungs-
nachfolger hatte Markgraf Friedrich Magnus in seinem Testament vom 4. Juli 1693
auf das zurückgelegte 18. Jahr festgesetzt; zu dieser hausgesetzlichen Anordnung
trat die am 13. October 1746 ertheilte kaiserliche Volljährigkeitserklärung des jun-
gen Markgrafen, welcher am 22. November desselben Jahres das Alter von 18 Jah-
ren erreichte.
Seit 1746 Selbstregent der baden-durlachschen Lande, schloss Carl Friedrich
im Jahre 1765 den bereits erwähnten Erb- und Familienvertrag mit der baden-
badischen Linie, welcher indessen keinesweges ein neues Erbrecht begründete, son-
dern ein schon bestehendes nur befestigte und näher erläuterte.
Die grossartigen Gebietserwerbungen, welche Carl Friedrich in verschiedenen
Epochen seiner Regierung machte, ruhen entweder auf einem altbegründeten Suc-
cessionstitel des badischen Privatfürstenrechtes oder auf neueren völkerrechtlichen
Verträgen. Der ersten Art war die Erwerbung der baden-badischen Lande, der
zweiten Art waren die Erwerbungen in den Jahren 1803, 1805, 1806 und 1809.
Am 21. October 1771 starb der Markgraf August Georg, der letzte Sprüss-
ling der fürstlich baden-badischen Linie, und es vereinigte nun Carl Friedrich die
sämmtlichen Lande dieser Linie mit dem baden-durlachschen Gebiete. Dies ge-
schah sowohl nach altem Geblütsrecht und kraft der ungetrennten Gemeinschaft
des- Eigenthums, als nach dem neugeschlossenen Erbvertrage von 1765. So besass
Carl Friedrich seit 1771 die sämmtlichen badischen Lande als allein regierender
Herr. Da bereits durch ältere Hausverträge auch diese neue Erwerbung der P’rimo-
genitur im Voraus unterworfen worden war, so gab es jetzt nur Ein untheil-
bares badisches Gebiet und auch für alle Zukunft nur Einen regierenden
Herrn und Eine regierende markgräfliche Linie.
In dem Reichsfürstenrathe hatte Baden nunmehr drei Stimmen, welche jetzt
als evangelische galten, da sich die Eigenschaft einer Stimme staatsrechtlich
nach der offiziellen Confession des regierenden Hauses richtete '). Auch verlor von
nun an die Bestimmung des westfälischen Friedens wegen der Alternation zwischen
beiden Linien ihre praktische Bedeutung.
1) Siehe hierüber besonders die Ausführung von Ludwig Carl Aegidi, Der Fürsten-
rath $. 32 S. YO.
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