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Bei der Theilung von 1255 erhielt der ältere Bruder, Ludwig der Gestrenge,
die Pfalz am Rhein, den obern Theil von Bayern und die zur ehemaligen Burg-
grafschaft Regensburg gehörigen Acmter in dem Nordgau, der jüngere Bruder,
Heinrich, das Unterland Bayerns, den grössern und fruchtbarern Theil’); Lud-
wig nahm seine Residenz in München und Heidelberg, Heinrich die seinige in
Landshut.
Zwischen den abgetheilten Brüdern entstanden manchfache Streitigkeiten, so
besonders wegen der hohenstaufischen Hinterlassenschaft, indem Konradin in seinem
Testamente seinen Vormund und Oheim Ludwig zum ausschliesslichen Erben
aller seiner Länder in Deutschland und Italien 1263 eingesetzt hatte?), während
Heinrich dieselben verwandtschaftlichen Ansprüche erheben zu können glaubte.
Erst 1269 kam es zu einer friedlichen Auseinandersetzung, wodurch auch Heinrich
einen Antheil an den hinterlassenen hohenstaufischen Gütern erhielt?). In der
Theilungsurkunde nannten sich die Brüder: „Nos Ludovicus et Heinricus, Dei gratia
comites palatini Rheni, duces Bavariae“, um anzudeuten, dass trotz der Theilung
das wittelsbachische Erbe beiden Linien gemeinsam bleiben, dass jeder von bei-
den Brüdern als Pfalzgraf am Rhein und Herzog von Bayern betrachtet wer-
den sollte.
Ein anderer Streitpunkt zwischen den Brüdern war die Kurstimme, über
deren Ausübung bei der 'Theilung nichts festgestellt war. Dass Ludwig als Pfalz-
graf bei Rhein eine eigene Kurstimme zu führen habe, war unzweifelhaft; ob
ausserdem aber Bayern wegen des Herzogthums eine selbstständige Kur-
stimme habe, gs bestritten und wurde später zum Nachtheile Bayerns
entschieden.
Wir übergehen die nähern Schicksale der ältern niederbayerischen Linie zu
Landshut und erwähnen nur kurz, dass Heinrich, der Gründer dieser Linie, zwei
Söhne, Otto und Stephan, hinterliess, welche gemeinsam regierten. Otto und
sein einziger Sohn starben in einem Jahre, Stephans Söhne, Heinrich und Otto,
regierten gemeinsam. Im Jahre 1340 erlosch die niederbayerische Linie und
ihre Besitzungen kamen an die oberbayerische.
Ludwig der Gestrenge, der Stifter der oberbayerischen Linie, hinterliess
im Jahre 1294 zwei Söhne, Rudolf und Ludwig. Nach des Vaters Tode über-
nahm zuerst Rudolf, der bereits mindig war, die Regierung in Oberbayern und
der Pfalz, aber neben ihm stand der jüngere, noch unmündige Bruder Ludwig mit
völlig gleichen Ansprüchen auf die Herrschaft, theils wegen des nun allgemeinen
Herkommens in den deutschen Fürstenhäusern, theils wegen der Urkunde des Kai-
sers Rudolf, welche die Theilung aller Länder, auch an dem Rhein, unter die
Söhne Ludwigs des Gestrengen zum Gesetze machte. Seit 1304 musste sich der
ältere Bruder auf Andringen Ludwigs wenigstens zu einer gemeinsamen Regie-
rung verstehen; bei allen wichtigen Angelegenheiten erscheinen von nun an Beide
1) Die nähere Aufzählung der auf jeden Antheil kommenden Orte siehe bei Buchner V.
Yu Urkunde bel Aettonkhover s. 170.
3) Ebendaselbst S. 174.
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