Wir übergehen die schnell wieder erloschenen Linien Johanns in der Ober-
pfalz') und Ottos zu Mosbach und beschäftigen uns zunächst nur mit der ältern
Kurlinie und dann mit der ihr succedirenden Linie Stephans zu Simmern.
äA. Die alte Kurlinie von 1470 bis 1559.
Auf Ruprecht UI. (den Kaiser) folgte in der Kurwürde sein erstgeborner
Sohn, Ludwig II. der Bärtige (1410— 1437). Diesem ertheilte Kaiser Sigismund
zwei wichtige Privilegien 1414 und 1434, worin er der pfalzgräflichen Linie die
Kurwürde und alle davon abhängenden Rechte von neuem bestätigte und die Li-
nealprimogenitur noch bestimmter vorschrieb, als dies in der goldenen Bulle von
1356 geschehen war ?).
Auf Ludwig I. folgte Ludwig IV. der Sanftmüthige (1437 — 1449);
der zweite Prinz, Friedrich, erhielt, zur Verhütung einer eigentlichen Theilung,
vorläufig nur ein kleines Deputat. Als aber Ludwig IV. mit Hinterlassung eines
unmündigen Sohnes, Philipp, starb, begnügte sich Friedrich nicht mit der ihm
gebüihrenden Vormundschaft, sondern übernahm selbst die Kurwürde. Obgleich
Friedrich I. der Siegreiche (1449— 1476) die Uebernahme der Kurwärde, in
Ermangelung eigentlicher Landstände, sich durch eine pfälzische Notablenversamm-
lung 1451 zu Heidelberg bestätigen liess, so war sein Schritt dennoch ein Bruch
der legitimen Successionsordnung, welchen er dadurch gutzumachen suchte, dass er
in feierlicher Versammlung seinen unmündigen Neffen als Sohn adoptirte und fer-
ner versprach, sich nie zu verheirathen und seinen persönlichen Erbtheil, sowie
Alles, was er noch dazu erwerben würde, einst der kurpfälzischen Primogenitur
incorporiren zu wollen.
Friedrieh der Siegreiche machte in der That bedeutende Ländererwerbungen,
theils durch Eroberung, theils durch Verträge. Von ersterem giebt die Graf-
schaft Lützelstein, von letzteren die Bergstrasse ein Beispiel. Durch Kauf wurde
das ganze Amt \Weiusberg erworben. Man kann gegen 40 nicht unbedeutende Ort-
schaften aufzählen, die durch Eroberung, gegen 30, die durch Verträge acquirirt
sind ?).
Wir haben erwähnt, dass Friedrich bei Ucbernahme der Kurwürde seinem
Neffen gelobte, unverheirathet zu bleiben, und dieses Versprechen, so weit es eine
standesmässige Ehe und ebenbürtige Kinder betraf, hat er auch gehalten. Doch
lernte er zu München 1459 die Augsburgerin Clara Dettin kennen, deren rit-
terbürtige Abstammung sich nicht constatiren lässt. Er erzeugte mit ihr noch in
demselben Jahre einen Knaben und nahm sie mit sich nach Heidelberg, wo sie
ihm einen zweiten Sohn gebar (1462) *). Der ältere, welcher sich dem geistlichen
1) Johann in der Oberpfalz hatte sechs Söhne, fünf starben als Kinder, Christoph 118. der
1s: wurde wegen seiner Abstammung von einer dänischen Prinzessin König von Dänemark
9; zit ihm erlosch 1448 die Linie Johanns in oe Oberpfalz.
e beiden Urkunden bei Lünig a. a. O. S. 602 u. 606.
3, Häusser 1. S. 399.
4) Mathias Kemnat, der offizielle Geschichtsschreiber und Hofcaplan des Kurfürsten Frie-
drich, Wi * die (Clara) bracht er zu vall und macht mit Ire hübscher aatürlicher Söhne zwreen.“