Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Erster Band: Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig. (1)

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Vorzug des Frstgebornen anerkannte, ohne jedoch die Nachgebornen ganz auszu- 
schliessen ). 
Dieses Testament galt als ein wichtiges Haus- und Successionsgesetz in der 
zweibrückenschen Linie.: Nach demselben sollte Neuburg der erstgeborne Sohn, 
Philipp T,udwig, ‚der von Natur, Rechts und Billigkeit, auch fürstlicher Gewohn- 
heit und Herkommens wegen und gleicher Gestalt göttlicher Rechte, zu geschwei- 
gen der Völkerrechte, die von Gott selbst verordnete Pracrogativam haben soll“. 
der zweite, Johann, Zweibrücken erhalten. Die beiden ältesten regierenden 
Söhne sollten jedoch ihren drei jüngsten ausser ihrem Gelddeputat einige Aemter 
zum Unterhalt und Ansitz abtreten. Auch ist in diesem Testament das Substitu- 
tionswesen sehr genau geregelt: wenn die erstgeborne Linie zu Neuburg ausstirbt, 
rückt die zweibrückensche nach, Zweibrücken fällt dann der nächstfolgenden jün- 
gern Linie zu; stirbt Zweibrücken aus, so fällt es an die nächste jüngere Linie; 
stirbt eine der drei nachgebornen Linien aus, so wird das erledigte Gelddeputat 
unter die noch übrigen jüngsten Linien vertheilt, das zum Ansitz zugewiesene Amt 
fällt an die regierende Linie, in deren Gebiet es gehört. 
Wolfgangs Testament wurde 1570 vom Kaiser bestätigt und danach die Thei- 
lung der zweibrückenschen Lande bewerkstelligt. Philipp Ludwig erhielt Neu- 
burg, Johann Zweibrücken, Otto Heinrich Sulzbach, Friedrich Vohen- 
strauss, Carl Birkenfeld. Vohenstrauss (1597) und Sulzbach (1604) starben 
bald wieder aus; es blieben also nur Neuburg, Zweibrücken und Birken- 
feld. Wir betrachten die Schicksale dieser drei Linien der Reihe nach: Pfalz- 
Neuburg succedirte 1685 in der Kurwürde, Pfalz-Zweibrücken kam auf den schwe- 
dischen Thron, Pfalz-Birkenfeld, die einzige noch überlebende Linie, vereinigte 
das pfälzisch-bayerische Kurfürstenthum und bestieg den königlichen Thron von 
Bayern und Griechenland. 
1. Pfalz-Neuburg oder die neue Kurlinie. 
Philipp Ludwig, der erstgeborne Sohn des Pfalzgrafen Wolfgang von Zwei- 
Lrücken, hatte kraft väterlichen Testaments Neuburg erhalten; seine Gemahlin 
war Anna, Herzog Wilhelms von Jülich Tochter, durch welche später Jülich und 
Berg an das Haus Pfalz kamen. Er hinterliess drei Söhne, unter welche er seine 
Lande so theilte, dass Wolfgang Wilhelm Neuburg, August das unterdessen an- 
gcfallene Sulzbach, Johann Friedrich Hilpoltstein erhielt, welcher jedoch, 
ulhne Kinder zu hinterlassen, starb. 
Wolfgang Wilhelm zu Neuburg, welcher zur katholischen Kirche über- 
trat, machte für seine Mutter Auna von Jülich und für sich selbst, als deren Sohn, 
Ansprüche auf die gesammten Lande des 1609 kinderlos verstorbenen letzten Her- 
zogs von Jülich, Cleve und Berg. Er behauptete, als Sohn der ältesten noch 
lebenden Schwester des Herzogs Johann Wilhelm von Jülich, ein näheres 
1) Das Testament bei Moser XII. S. 44, bei Häberlin, Reichsgesch. VIII. S. 48— 67. 
Siehe darüber auch Häusser II. S. 736. Ausführlich über die Oeconomie dieses Teslamentes 
handelt Bachmann in seiner Grundfeste S. 69 — 80
	        
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