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Maximilian Joseph, im Namen des Kurfürsten von der Pfalz von allen bayerischen
Landen Besitz ergriffen worden. Trotz dieser völlig klaren Successionsrechte wollte
Oesterreich das Aussterben der bayerischen Linie benutzen, um seine alten Ver-
grösserungsplane auf Kosten Bayerns zu verwirklichen. Ocsterreich erhob auf be-
deutende Theile des bayerischen Gebietes Ansprilche, deren juristische Unhaltbar-
keit allerdings auf der Hand lag"), welche aber das wiener Cabinet mit diplomati-
schen und militärischen Mitteln durchsetzen wollte.
Als Kaiser Ludwig von Bayern, deducirte man österreichischer Seits, im Jahre
1329 mit seines Bruders Söhnen, den Pfalzgrafen bei Rhein, den Vertrag zu Pavia
geschlossen hätte, wäre Ludwig nur noch im Besitz von Oberbayern gewesen-
Eine Seitenlinie, die von seines Vaters, Ludwigs des Strengen, Bruder abstanımte,
habe damals noch Niederbayern besessen, welches erst 1340 mit Oberbayern ver-
einigt worden, und also unter dem Vertrage von Pavia nicht mitbegriffen gewe-
scn wäre.
Seitden wäre unter Ludwigs von Bayern Söhnen im Jahre 1353 eine neue
Theilung vorgekommen. vermöge deren Niederbayern wieder von Oberbayern ge-
trennt worden sei, von Ludwigs Söhnen habe Albrecht IV. abermals eine neue nie-
derbayerische Linie zu Straubing gestiftet. Diese Theilung, behauptete man jetzt
in Wien, sei eine Todtheilung gewesen. Als daher der straubingische Manns-
stamm im Jahre 1425 mit Albrechts Sohne, Johann, ein Ende- genommen habe,
hätten die bayerischen Stammesvettern zu dieser Erbfolge eigentlich kein Recht
gehabt, sondern einestheils habe des letzten Herzogs, Johann, Schwestersohn, Al-
brecht von Oesterreich, gegründeten Anspruch auf Niederbayern machen können,
anderntheils habe der Kaiser Sigismund, vermöge oberlehensherrlichen Rechtes,
dieses abgetheilte Stück von Bayern als heimgefallenes Lehen einziehen können.
Und in dieser Eigenschaft habe er in der Person seines Schwiegersohnes, welches
der genannte Albrecht von Oesterreich war, das Haus Oesterreich damit belehnt.
Dessenungeachtet sei die oberbayerische Linie damals zum Besitze von Nieder-
bayern gelangt, die Wiederbeleihung habe aber nur ex nova gratia stattgefunden.
Allein nach nunmehriger Erlöschung dieser Linie trete jetzt das Recht des Hauses
Oesterreich auf Niederbayern wieder ein, ohne dass das Haus Pfalz ein Recht dar-
auf behaupten künne.
Es war völlig unrichtig, zu behaupten, dass jene Theilung von 1353 eine
Todtheilung gewesen sei. Fin kaiserliches Urtheil von 1429 hatte selbst zum
Vortheil der bayerischen Stammesvettern den Ausspruch gethan. Albrecht von
Oesterreich hatt& hingegen seinen Ansprüchen feierlich entsagt, und übrigens stamınt
von demselben das jetzige Haus Oesterreich nicht einmal ab.
1) Pütter, Historische Entwickelung der Steatsverfassung des deutschen Reiches Il.
Bd. VI. 8.186 ff. Die umfassende Deduktionen-Lilteratur ist zusammengestellt in der Vollstän-
digen Sammlung der Staatsschriften zum Behuf der bayerischen Geschichte
nach Absterben des Kurfürsten Maximilians Josephs Ill. Frankfurt u. Leipzig, 1778.
Die wichtigste Staatsschrift ist: „Die Vortegung der Fideicommissarischen Rechte des Kur -
und Föürstlichen Hauses Pfelz, insbesondere des regierenden Herzogs zu Pfalz - Zweibrücken, auf
die von dem Kurfürsten Max. Joseph in Bayern hinterlassenen Lande. Zweibrücken, Tan 7u
dieser offiziellen Denkechrift gchört ein wichtiges Urkundenbuch,