Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Erster Band: Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig. (1)

  
guste von Holstein- Gottorp. Ihre Ehestiftung von 1648 ist deshalb merkwärdig, 
weil darin bereits auf die Einführung des Erstgeburtsrechts Rücksicht ge- 
nommen wurde!). Allein Johann starb 1667, ohne die Sache durch ein Testament 
in Richtigkeit gebracht zu haben, mit Hinterlassung von vier unmündigen Prinzen. 
Nach Massgabe der Eheberedung des Fürsten Johann mit seiner Gemahlin von 
1648 wurde, sobald der älteste Sohn Carl Wilhelm grossjährig geworden war, die 
Priinogeniturangelegenheit wieder vorgenommen und im Jahre 1676 ein Vergleich 
zu Stande gebracht ?). 
Kraft dieses Vergleiches räumten die drei jüngsten Brüder dem ältesten zwar 
das jus primogeniturae ein, behielten sich aber vor, dass alle Ausfertigungen in 
gemeinsamem Namen erlassen werden (indem der Erstgeborne nur „vigore perpetuae 
commissionis“ die Regierung führe) und dass neue Anfälle nicht dem Erstgebornen 
allein zu Gute kommen, sondern getheilt werden sollten. Auch sollten die 
Nachgebornen des Seniorats fühig sein. Die Abfindung der Nachgebornen sollte zu- 
nächst in baarem Gelde stattfinden, ihnen jedoch im Falle ihrer Vermäblung ein 
Amt zur Residenz eingeräumt werden. Durch einen zweiten Recess vom 9. Juni 
wurden auch Jever und die oldenburgischen Erbgüter der zerbstischen Primogeni- 
tur einverleibt und dem Mannsstamm nach der Linealsuccession zuerkannt. 
Der Primogeniturvertrag vom 9. April 1676 wurde zwar vom Kaiser confir- 
mirt, nachher aber vielfach angefochten und darüber gestritten, ob er nicht mehr 
eine Gemeinschaft als ein wirkliches Primogeniturrecht enthalte?). 
Carl Wilhelm übernahm nach dem obenerwähnten Vertrage von 1676 allein 
die Regierung und vererbte sie auf seinen Sohn, Johann August, welcher 1742 
kinderlos starb. Damit erlosch die erstgeborne zerbstische Linie Carl Wilhelms 
und es succedirte nun die s. g. dornburgische Linie, welche von Johann Lud- 
wig. dem jüngsten Sobne Johanns, abstammte. Dieser war vermählt mit Eleonore 
von Zeutsch; er erwirkte ein kaiserliches Decret vom 7. Januar 1698, wodurch 
die Kinder aus dieser Ehe für rechtmüssige Prinzen und Prinzessinnen des Hauses 
Anhalt erklärt wurden ®). 
Nach dem Aussterben der erstgeborenen Linie kamen die beiden noch leben- 
den Söhne Johann Ludwigs, Jobann Ludwig II. und Christian August, zur Re- 
gierung im zerbstischen Landestheil; trotz der eingeführten Primogenitur regierten 
beide gemeinsam, was wohl auf einer besonderen Verabredung beruhte, indem 
der Erstgeborne seinen Bruder zum Mitregenten annahm). Der Erstgeborne 
1) Ueber die Einführung der Primogenitur siehe Hermann Schulze a. a. 0. S. 435. 
2) Fürsibrüderlicher Erbvergleich Herrn Carl Wilhelms, Herrn Anton Güntherse, Herrn 
Johenn Adoifs und Herrn Johann J.udwigs, allerseits Fürsten zu Anhalt-Zerbst, vom 9. April 
1676, Lünig a. a. 0. S. 260 und Lenza. a. ©. S. 929. 
3) Moser, Staatsrecht XIHN S. 115 —120, wo das Gutachten der Jenenser über diese 
Frage im Auszuge mitgetheilt wir. Herm n Sch ulzeaa. 
4) Die staats- und fürstenrechtliche Seite, dieser. Ehe ist beleuchtet von Pütter in seinen 
Missheirathen S. 166 fl. Das kaiserlicho Decret sieht bei Lünig part. spec. cont. 2 (Bd. 11) 
suppl. lose 92 und bei Lenz S. 
er, Staatsrecht Bd. xl sieht darin, dass es mit der Primogenitur in dieser Linie 
noch nicht so ausgemacht war, und erklärt sich ein solches Abweichen von der Primogenitur da- 
durch, dass nach dem Vergleiche von 1676 zwar unter den Linien selbst das Primogenilurrecht
	        
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