319
IX. Titel.
Von der Regentschaft und den Vormundschaften.
Art. 60. In dem $. I. des II. Titels der Konstitution sind die Bestimmungen
über die Reichsverwesuug während der Minderjährigkeit enthalten.
Derjenige Prinz des Hauses oder derjenige Kronbeamte, welcheın die Reichs-
verwesung übertragen wird, muss bei dem Antritte der Regentschaft in einer Ver-
saınmlung, welche zu diesen Feierlichkeiten zusammenberufen werden muss, und
aus den Staats- und Konferenzministern, den obersten Kronbeaniten, Hofiümtern
und den Mitgliedern Unseres geheimen Rathes besteht, nachstehenden Eid:
„Ich schwöre, die Geschäfte des Staates in Gemässheit der Konstitu-
„tion des Reiches und der Gesetze zu verwalten, die Integrität des König-
„reiches, die Rechte der Nation und der Königlichen Würde zu erhalten,
„und dem künftigen Könige die Gewalt, deren Ausübung mir anvertraut
„ist, getreu zu übergebeu,‘
ablegen, worüber ein besonderes Protokoll aufgenommen wird.
Art. 61. Die Regentschaft dauert bis zur Grossjährigkeit des Königs.
Art. 62. Der Regent übt während seiner Reichsverwesung alle in der Kon-
stitution nicht ausgenommenen Rechte aus.
Art. 63. Er ist für Jie Akte seiner Verwaltung nicht persönlich verant-
wortlich.
Art. 64. In allen wichtigen Angelegenheiten ist er aber verbunden, das
Gutachten des Ministeriums, welches als der Regentschaftsrath anzuschen ist, zu
erholen.
Art. 65. Der Akt, durch welchen der König den Regenten für die Minder-
jährigkeit des Kronprinzen ernennet, wird durch den Minister der auswärtigen An-
gelegenheiten im Hausarchive bis zum Ableben des Monarchen aufbewahrt, und
dam durch diesen in oben benannter Versammlung publiziret.
Art. 66. Dem Regenten wird die Akte seiner Ernennung mitgetheilt, wel-
cher hierauf nach abgelegtem obigen Tide sogleich die Reichsverwesung übernimmt.
Art. 67. Während der Dauer derselben hat er seine Wohnung in der Kö-
niglichen Residenz, und wird auf Kosten der Kronschatzkammer unterhalten, auf
welche er nebst dem zu seiner Privatdisposition in monatlichen Raten jährlich
500,000 Gulden anweisen darf.
Art. 68. Ausser den gewöhnlichen Etatsmässigen Ausgaben für das König-
liche Haus und der ihm oben angewiesenen besondern Summe, darf er über den
Ueberschuss des Kronschatzes nicht disponiren, sondern dieser muss aufbewahrt,
und zu den Händen des künftigen Königs überliefert werden.
Art. 69. Seinem gewöhnlichen Titel wird beigesetzt: des Königreichs
Baiern Verweser.
Art. 70. So wie alle Ausfertigungen im Namen des minderjährigen Königs
geschehen, so werden auch alle Münzen mit seinem Brustbilde, Wappen und Titel
gepräget, und die Siegel nebst den Königlichen Wappen, wo es erforderlich ist, mit
seinem Namen bezeichnet.