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Herzog Wilhelm dagegen, welcher anfangs selbst die cognatischen Ansprüche
begünstigt hatte, ernannte im Jahre 1355, mit Bewilligung der Landstände, seinen
Vetter Ludwig, Magnus des Aeltern zu Braunschweig Sohn, zum Nachfolger und
versprach ihm seine zweite Tochter Mechthild zur Ehe. Er stellte zu Celle zwei
Urkunden aus, deren eine besagte, dass er auf den Fall seines söhnelosen Todes
Einen der Söhne von Magnus dem Aeltern zum Erben einsetzen wolle, die andere
der Mechthild die Herrschaft Lüneburg ungeschmälert als Mitgift zusicherte!).
Zugleich gab Herzog Magnus der Aeltere in einer zu Braunschweig ausgestellten
Urkunde die Erklärung ab, er habe sich mit Wilhelm verglichen, dass dieser für
den Fall seines söhnelosen Todes dem jungen Ludwig die Herrschaft Lüneburg
als Erben übergeben wolle; wogegen er (Magnus) seinen Sohn Ludwig zum Herrn
der Herrschaft Braunschweig zu ernennen gelobe, so dass derselbe dereiust beide
Herrschaften besitze, ohne irgend eine Ansprache seiner Brüder; sterbe jedoch
Herzog Ludwig noch vor Wilhelm, so solle letzterer einen andern von Magnus
Söhnen zun Nachfolger ernennen, der dann gleichfalls die braunschweigische Erb-
schaft ungetheilt besitzen solle ?).
Der letztere Fall trat ein. Ludwig starb 1367 vor seinem Schwiegervater
und es wurde nun, der Uebereinkunft gemäss, seinem Bruder Magnus Torqua-
tus, als alleinigem Herrn und Landesnachfolger, die Huldigung geleistet.
So klar nach dem deutschen Fürstenrecht und nach den besondern Haus-
gesetzen auch das Nachfolgerecht der braunschweigischen Agnaten war, so stand
doch Kaiser Karl IV. auf Seiten der sächsischen Prätendenten und that von neuem
einen Machtspruch, wodurch den Herzögen zu Sachsen-Wittenberg, resp. der
sächsischen Kurlinie, das Herzogthum Lüneburg zu-, dem Herzog Magnus hin-
gegen abgesprochen und letzterer zugleich in die Reichsacht erklärt wurde. Bei
dieser Begünstigung ihrer Gegner mussten sich die Söhne des Magnus Torquatus,
trotz ihres guten Rechtes, in Transaktion mit dem sächsischen Hause einlassen,
bis endlich 1389, nach dem Tode des Kurfürsten Wenzel, Kurfürst Rudolf II.
und die Herzöge Albrecht und Wenzel zu Sachsen mit den Herzögen Triedrich,
Bernhard und Heinrich zu Braunschweig einen Finalvergleich schiossen, kraft
dessen das lürstenthum Lüneburg beim braunschweigischen Mannsstamme bleiben
sollte. Zugleich wurde zwischen beiden Häusern eine Erbverbrüderung auf-
gerichtet, zufolge deren ein Haus dein andern, das an männlichen Erben zuerst
erlöschen würde, succediren sollte. Dabei wurde das den Frauen 1235 zuge-
sicherte Lehnfolgerecht nicht berücksichtigt ?).
1) Havemann ]. 1106, nie Urkunden stehen als älteste Grundlage der Iudividuaisuc-
cession im Urkundenb. Nr. Km
2) Havemannıl. S. 467.
3) Pfeffinger I. S. 3715 Rehtmeier | cap. 682, wo die Urkunde mitgelheilt
ist. Die wichtigste Stelle lautel: „Also dass Sie Unsn Sem hulden lassen ihre J.ande Braun
achweig und Lüneburg, und wir sullen und wollen ihn Vnser Land zu Sachsen und alle unsere
Land, Lüte, Bianschsflt und Städte, wieder hulden lasson, in dieser Weise, ob Wir von lodes
wegen abegingen, abne Lehens-Erben, Mannes Geschlechte, da GOL vor ay, So sullen unse
vorgeschreben Land zu Sachsen, und alle unse Land und Lüte, mit der Pfaltz zu Sachsen, und
mit dem Morschalk- Ambt des Heil. Röm. Reichs geruhlichen gefallen en Vuser vorgeschrieben