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von 1527 an und beanspruchte nicht nur Harburg, wie sein Vater es besessen, son-
dern ein völliges Dritttheil der gesammten lüneburgischen Lande.
In diesen Ansprüchen unterstützte ihn die Richtung der damaligen Jurisprudenz,
welche, gestützt auf romanistische und naturrechtliche Sätze, das deutsche Recht
und die feststehende Observanz der deutschen Fürstenhäuser ignorirte. In diesem
Sinne schrieb besonders Dr. Franz Pfeil für die volle Successionsfähigkeit der
Kinder Ottos des Jüngern, „weil nach römischem Rechte eine jede Ehefrau des
Standes ihres Mannes theilbaftig wird und Ehren und Würden von jedem Vater
auf seine ehelichen Söhne und deren weitere Nachkommen, ohne Rücksicht auf
den Stand der Mutter, übergehen.“
Nach elfjährigem Streit kaım cs im Jahre 1560 zu Cella mit den damals noch
lebenden Herzögen Heinrich und Wilhelm zu Lüneburg zu einem Vergleiche,
vermöge dessen Otto dem Jüngern die Aemter Harburg und Mosburg von neuem
abgetreten wurden, derselbe aber für sich und seine Nachkommen allen Ansprü-
chen auf das lHerzogthum Lüneburg und des Herzogs Franz zu Giffhorn Verlas-
senschaft entsagen musste, nur wieder mit dem Vorbehalte der künftigen Erbfolge,
wenn der lüneburgische Mannsstamm erlöschen würde. Allein mit Ottos des Jün-
gern Söhnen ist diese harburgische Linie abgegangen. Sein ältester Sohn, Otto
Heinrich, starb vor dem Vater 1591; die übrigen überlebten zwar den Vater, star-
ben aber auch nach einander in den Jahren 1605, 1606, 1615, 1619, 1641, 1642,
alle unbeerbt.
Auch der dritte Sohn Heinrichs des Mittleren, Franz, hatte, gegen die
erbliche Abtretung des Amtes Giffhorn mit aller Obrigkeit, auf das Fürstenthum
Lüneburg und die Mitregierung verzichtet, so lange der Mannsstamm Ernsts blü-
hen würde. Bei dem 1549 erfolgten Tode des söhnelosen Franz wurde Giffhorn
wieder mit dem Fürstenthum Lüneburg vereinigt.
Ernst, somit allein regierender Herr des väterlichen Für-
stenthums Lüneburg, bekannte sich 1530 zur augsburgischen Confession und
führte die Reformation in seinen Landen ein. Ernst I der Bekenner ist der
nächste gemeinsame Stammherr der beiden neuen Häuser Braun-
schweig und Lüneburg, welche gegenwärtig das Ilerzogthum Braunschweig
und die königlichen Kronen von Grossbritannien und Hannover innehaben.
Bei seinem am 11. Januar 1546 erfolgten Abscheiden hinterliess Ernst I. vier
Söhne: Franz Otto, Friedrich, Heinrich und Wilhelm. Die letztwillige Verfügung
des Vaters hatte für sie die Landschaft zum Vormund bestellt. Als aber diese,
sowie die nächsten Agnaten die Ucbernahme der Vormundschaft ablehnten, bestellte
der Kaiser eine aus dem Kurfürsten von Cöln und dessen Bruder, dem Grafen von
Schaumburg, bestehende Vormundschaft. Diese Vormünder setzten in Verbindung
mit den Landständen eine Regentschaft ein. Der zweite Bruder, Friedrich, blieb
1553 bei Sievershausen. Im Jahre 1555 legten Statthalter und Räthe, mit Ein-
willigung der Stände, die Regierung in die Hände des ältesten Sohnes, Franz Otto,
welcher vorläufig auf sieben Jahre die Regierung übernahm; er starb bereits am
29. April 1559. Es waren nun noch die beiden jüngsten Söhne Ernsts I, Hein-
rich und Wilhelm, übrig.